Urteil gegen schlagenden Göttinger Hochschullehrer teilweise aufgehoben

Der Bundesgerichtshof hat das auf eine elfmonatige Bewährungsstrafe lautende Urteil des Landgerichts Göttingen gegen einen Göttinger Hochschullehrer teilweise aufgehoben, der eine Doktorandin mehrfach als "Bestrafung" geschlagen und für den Fall, dass sie die Schläge nicht dulden würde, Konsequenzen angedroht hatte. Das LG habe in zwei Fällen eine Strafbarkeit auch wegen Nötigung rechtsfehlerhaft verneint.

Hochschullehrer schlug Doktorandin als "Bestrafung"

Nach den vom LG getroffenen Feststellungen bestellte der Angeklagte, ein Hochschullehrer, die Nebenklägerin H. in zehn Fällen zu Besprechungsterminen außerhalb der Dienstzeiten in sein Büro, schloss dieses jeweils ab und eröffnete ihr, dass er sie wegen angeblicher Verfehlungen durch Schläge mit einem "Bambusstock" auf das bekleidete Gesäß und auf ihre Waden sowie – bei späteren Taten – mit der flachen Hand auf ihr entblößtes Gesäß "bestrafen" wolle. Als die Nebenklägerin dies ablehnte, kündigte der Angeklagte jeweils an, die Zusammenarbeit mit ihr zu beenden und ihr Promotionsvorhaben nicht weiter zu betreuen. Aus Angst vor den ihr in Aussicht gestellten beruflichen wie – mit Blick auf ein Stipendium – finanziellen Folgen, "willigte" die Nebenklägerin in die Schläge in acht Fällen ein. In zwei weiteren Fällen kündigte der Angeklagte diese Folgen für den Fall ihrer Weigerung nicht ausdrücklich an. Die Nebenklägerin "willigte" gleichwohl ein, weil ihr die vom Angeklagten zuvor benannten Konsequenzen "noch präsent" waren. Das LG verurteilte den Mann unter anderem wegen mehrfacher gefährlicher Körperverletzung im Amt und Nötigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Monaten auf Bewährung. Gegen das Urteil legten die Staatsanwaltschaft und die Nebenklägerin H. Revision ein. Die Staatsanwaltschaft beschränkte ihr Rechtsmittel auf zwei Taten zum Nachteil der H.

BGH: Konkludente Drohung nicht geprüft

Der 6. Strafsenat des BGH hat das Urteil auf die Revisionen in den beiden letztgenannten Fällen wegen einer rechtsfehlerhaften Ablehnung der Strafbarkeit des Angeklagten auch wegen Nötigung aufgehoben. Insoweit hätte das LG die Tathandlungen auch unter dem Gesichtspunkt einer konkludenten Drohung würdigen müssen. In diesem Umfang hat der Senat die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des LG Göttingen zurückverwiesen, die auch eine neue Gesamtstrafe verhängen wird. Die weitergehende Revision der Nebenklägerin H. hat der Senat verworfen. 

BGH, Urteil vom 08.03.2023 - 6 StR 378/22

Redaktion beck-aktuell, 8. März 2023.