Die Frau hatte sich mit einer gefälschten Approbationsurkunde eine Anstellung als Narkoseärztin in einem Hospital in Fritzlar (Schwalm-Eder-Kreis) erschlichen und dort von 2015 bis 2018 gearbeitet. Im Mai 2022 hatte das LG Kassel die 53-Jährige wegen dreifachen Mordes und versuchten Mordes in zehn Fällen zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Die 6. Große Strafkammer stellte auch die besondere Schwere der Schuld fest. Nach Überzeugung der LG-Richter starben durch Behandlungsfehler der Frau drei Patienten, andere trugen schwere Schäden davon (Urteil vom 25.05.2022 – 6 Ks 1622 Js 24089/19).
Die Revision der Frau hatte insoweit Erfolg, als der BGH den Schuldspruch hinsichtlich des Mordes und des versuchten Mordes aufgehoben hat (Urteil vom 20.02.2024 – 2 StR 468/22). Eine andere Strafkammer muss den Fall nun erneut verhandeln und entscheiden.
Das LG habe zwar zutreffend erkannt, "dass die hier gegebene objektive Gefährlichkeit der Tathandlung wesentlicher Indikator sowohl für das Wissens- als auch für das Willenselement des bedingten Tötungsvorsatzes" sei, hieß es. Es habe aber weder in allen Fällen eine tatzeitbezogene Prüfung des Tötungsvorsatzes durchgeführt noch vorsatzkritische Umstände, die sich aus dem Verhalten der Angeklagten bei den durchgeführten Operationen und ihrer Persönlichkeitsstruktur ergaben, hinreichend in den Blick genommen, so die BGH-Richter. Die Aufhebung der Einzelstrafen in 13 Fällen entziehe sowohl dem Ausspruch der Gesamtstrafe als auch der Feststellung der besonderen Schwere der Schuld die Grundlage. Die Feststellungen zum objektiven Kerngeschehen der einzelnen Taten ließ der BGH aber unbeanstandet.
Patientenschützer sehen Gesetzgeber in der Pflicht
Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, monierte anlässlich der Entscheidung, medizinische Hochstapler hätten in Deutschland zu leichtes Spiel. "Angesichts von 17 Landesärztekammern lassen sich fehlende Zulassungen mühelos vertuschen. Um es Tätern von Anfang an schwer zu machen, müssen die Prüfungsämter der Universitäten vorgeschaltet werden", forderte Brysch. Sie hätten vor Ausstellung der Approbation die Echtheit des Staatsexamens zu bestätigen. Zudem sei ein Zentralregister für Approbationen bei der Bundesärztekammer überfällig. "Krankenhausträger gilt es dann zu verpflichten, die Zulassung eines Arztes elektronisch abzufragen. Der Bundesgesundheitsminister ist gefordert, die Kleinstaaterei in der deutschen Ärzteschaft endlich zu beenden", so Brysch.