Unzumutbarkeit der Miete: Berücksichtigung von Corona-Finanzhilfen und Kurzarbeit
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Bei der Prüfung, ob dem Mieter eines Ladenlokals wegen erheblicher Umsatzeinbußen infolge der behördlichen Pandemie-Beschränkungen die Zahlung der Miete in voller Höhe unzumutbar ist, sind dem Bundesgerichtshof zufolge staatliche Ausgleichsleistungen sowie ersparte Aufwendungen in Folge von Kurzarbeit zu berücksichtigen. Die Darlegungslast für die Unzumutbarkeit liege dabei beim Mieter.

Vermieter lehnte Vertragsanpassung ab

Ein Vermieter verklagte seine Mieterin, die Inhaberin einer "Brot und Backwaren-Filiale mit Stehcafé", auf Zahlung rückständiger Miete für den Monat Mai 2020 in Höhe von 627 Euro. Die monatliche Miete betrug rund 3.500 Euro. Im Zuge der behördlichen Maßnahmen zum Infektionsschutz wegen des Corona-Virus musste die Betreiberin den Cafébetrieb vom 18.03.2020 bis 19.04.2020 komplett schließen. Danach durfte sie ihn wieder – wenn auch nur eingeschränkt (10 von 16 Tischen) – aufnehmen. Eine befristete Vertragsanpassung lehnte der Vermieter ab.

Mieterin kürzte die Ladenmiete um 20%

Daraufhin kürzte die Beklagte im Mai 2020 die vereinbarte Miete um 20% auf 2.870 Euro. Sie vertrat die Ansicht, die Miete sei aufgrund der Auswirkungen der SARS-CoV2-Pandemie nicht in voller Höhe geschuldet gewesen. Das sahen sowohl das AG Düsseldorf als auch das dortige Landgericht anders, da der Beklagten kein Recht auf Minderung zustehe. Die hoheitlichen Beschränkungen zur Eindämmung der Pandemie richteten sich nicht gegen die Vermietung von Räumen zum Zweck des Betriebs von Lebensmitteleinzelhandelsgeschäften oder auch nur gegen den Betrieb als solchen, sondern nur – vorübergehend – gegen die Öffnung des Geschäfts für den Publikumsverkehr. Dagegen legte die Mieterin die Revision beim BGH ein – ohne Erfolg.

BGH weist Revision zurück

Der XII. Zivilsenat schloss sich dem LG Düsseldorf im Ergebnis an. Der Vermieter habe gegen die Mieterin nach § 535 Abs. 2 BGB einen Anspruch auf Zahlung der restlichen Miete für den Monat Mai 2020. Weder sei die Miete in diesem Zeitraum nach § 536 Abs. 1 BGB gemindert, noch sei die Filialinhaberin nach § 326 Abs. 1 BGB wegen Unmöglichkeit der von ihr geschuldeten Leistung (§ 275 Abs. 1 BGB) teilweise von ihrer Zahlungsverpflichtung frei geworden. Ihr stehe auch kein Anspruch aus § 313 Abs. 1 BGB auf eine Anpassung des Mietvertrags dahingehend zu, dass sie von ihrer Verpflichtung zur Zahlung der vereinbarten Miete teilweise befreit sei.

Unzumutbarkeit von Mieterin nicht hinreichend dargelegt

Die Stehcafé-Betreiberin habe die Unzumutbarkeit der vollständigen Zahlung der geschuldeten Miete im Wesentlichen nur damit begründet, dass in der betroffenen Filiale im Mai 2020 ein Umsatzrückgang von 20% zu verzeichnen gewesen sei. Dieser Vortrag wurde dem Gericht zufolge vom LG völlig zu Recht als unzureichend angesehen. Denn daraus allein ergebe sich nicht, dass die vollständige Zahlung der für Mai 2020 geschuldeten Miete für sie zu einem nicht mehr tragbaren Ergebnis führe. Zudem habe sie auch nicht erklärt, inwieweit sie staatliche Hilfen oder infolge der in ihrem Betrieb unstreitig geleisteten Kurzarbeit Lohnkosten erspart habe. Einen gesonderten richterlichen Hinweis nach § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO habe das LG nicht erteilen müssen.

BGH, Urteil vom 13.07.2022 - XII ZR 75/21

Redaktion beck-aktuell, 1. September 2022.

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