Unzulässigkeit der Revision bei nachträglicher Berichtigung des Berufungsurteils
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Hat das Berufungsgericht die Zulassung der Revision ausdrücklich abgelehnt, ändert die Versendung einer fehlerhaften Abschrift hieran nichts. Wird das Urteil nachträglich berichtigt, läuft die Frist für die Nichtzulassungsbeschwerde laut Bundesgerichtshof erst ab Zustellung des Beschlusses. Rechtsanwälte müssten sich bei prozessualen Zweifeln aktiv erkundigen. Schlichtes Abwarten widerspreche der anwaltlichen Sorgfaltspflicht.

Urkundsbeamtem unterläuft Übertragungsfehler

Ein Dieselkäufer verklagte eine Autohändlerin und einen Fahrzeughersteller auf Rückabwicklung des Kaufvertrags wegen Einsatzes einer unzulässigen Abschalteinrichtung. Während das LG Magdeburg der Klage teilweise stattgab, wies das OLG Naumburg die Berufung des Käufers zurück. In dem Urteil hatte es ausdrücklich entschieden, dass die Revision nicht zugelassen werde. Die Geschäftsstelle stellte dem Kläger jedoch eine Abschrift zu, in dem die Zulassung ausgesprochen wurde. Daraufhin legte der Kläger die Revision beim BGH ein. Im Januar 2021 wies die Vorsitzende den BGH-Anwalt darauf hin, dass die Revision nach der vom OLG übersandten Abschrift - anders als nach der in der Gerichtsakte befindlichen - im Berufungsurteil nicht zugelassen worden sei. Die daraufhin erfolgte telefonische Nachfrage beim OLG habe ergeben, dass auch in der Urschrift keine Zulassung der Revision erfolgt sei. Die Gerichtsakten wurden an das OLG zurückgesandt, welches nunmehr inhaltlich mit der Urschrift übereinstimmende Abschriften erteilte. Die Zustellung erfolgte am 17.05.2021 an die zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten. Am 25.06.2021 teilte die Vorsitzende mit, dass die Revision mangels Zulassung unzulässig sein dürfte und eine Nichtzulassungsbeschwerde bislang nicht eingelegt worden sei. Die Revision und die daraufhin eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde wurden vom BGH als unzulässig verworfen.

Keine Wiedereinsetzung

Dem VIII. Zivilsenat zufolge ist die Revision des Klägers unzulässig, weil das OLG sie nicht nach § 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO in seinem Urteil zugelassen hat. Maßgeblich sei die Urschrift der Entscheidung. Da das OLG die Zulassung ausdrücklich abgelehnt habe, könne diese Entscheidung durch Fehler bei der Erstellung der Abschriften durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle nicht inhaltlich abgeändert werden. Den Karlsruher Richtern zufolge ist dem Kläger auch keine Wiedereinsetzung nach § 233 Satz 1 zu gewähren, da er die Frist für die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde versäumt hat. Diese habe (erst) mit der Zustellung der zutreffenden Urteilsabschrift am 17.03.2021 begonnen. Erst ab dann sei erkennbar gewesen, dass hier eine Nichtzulassungsbeschwerde hätte eingelegt werden müssen. Der Umstand, dass die Zustellung (richtigerweise) an die zweitinstanzlichen Anwälte erfolgt sei, die den Kläger wegen Mandatsbeendigung gar nicht mehr vertreten haben, sei nach der für den Anwaltsprozess geltenden Vorschrift des § 87 Abs. 1 Halbs. 2 ZPO unbeachtlich. Die einmonatige Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde endete laut BGH am 19.04.2021 (Montag), und war bei Eingang der Beschwerdeschrift beim BGH am 12.07.2021 bereits lange abgelaufen. Die mit der Vertretung des Klägers vor dem BGH beauftragten Anwälte hätten über die aktuelle Verfahrenssituation regelmäßig Erkundigungen einholen müssen. Ein dreimonatiges Abwarten widerspreche ihrer anwaltlichen Sorgfaltspflicht.

BGH, Beschluss vom 25.01.2022 - VIII ZR 233/20

Redaktion beck-aktuell, 10. März 2022.