Berufungsbegründung zweimal auf dem Postweg eingereicht
Ein Steuerberater verlangte von seinem Mandanten die Zahlung eines Honorars. Beim LG Essen scheiterte sein Anliegen. Dagegen legte er Berufung ein. Das OLG Hamm verlängerte die Rechtsmittelbegründungsfrist antragsgemäß bis zum 10.01.2022. Bei Gericht ging am 08.01.2022 eine von ihm auf den 09.01.2022 datierte Berufungsbegründung sowie ein nochmaliger Antrag auf Fristverlängerung postalisch ein. Daraufhin informierte ihn das OLG, dass sein Rechtsmittel unzulässig sein könnte, weil der Schriftsatz nicht elektronisch eingereicht worden sei. Die zweite Berufungsbegründung ging dort am 25.02.2022 ein - ebenfalls auf dem Postweg. Der Kläger teilte mit, es sei unmöglich gewesen, das fristwahrende Dokument elektronisch über das besondere Anwaltspostfach (beA) zu übermitteln. Als Beweis dafür legte er eine eidesstattliche Versicherung seines Anwalts sowie die Korrespondenz mit der Bundesnotarkammer vor. Diese habe es versäumt, die seinem Bevollmächtigten überlassene beA-Basiskarte für die Versendung von Empfangsbekenntnissen zu programmieren. Deshalb sei es auch nicht möglich gewesen sei, die Karte um die Funktion der Übersendung von sonstigen Dokumenten zu erweitern. Als Alternative habe der Anwalt auf Vorschlag der Bundesnotarkammer eine Mitarbeiterkarte gekauft. Dafür erforderliche PIN und PUK seien ihm aber erst am 17.01.2022 zugegangen. Das OLG Hamm verwarf die Berufung als unzulässig. Auch die Rechtsbeschwerde beim BGH hatte keinen Erfolg.
Hinderungsgründe nicht sofort vorgetragen
Dem IX. Zivilsenat zufolge hat das OLG die Berufung zu Recht als unzulässig verworfen, weil sie nicht in der von § 520 Abs. 5 ZPO in Verbindung mit § 130d ZPO zwingend vorgeschriebenen elektronischen Form begründet wurde. Die Voraussetzungen des § 130d Satz 2 und Satz 3 Halbsatz 1 ZPO für eine (ausnahmsweise) Zulassung der Einreichung in Schriftform hätten nicht vorgelegen. Der Steuerberater hätte den BGH-Richtern zufolge bei der Einreichung der schriftlichen Berufungsbegründung beim OLG am 08.01.2022 zu den Voraussetzungen des § 130d Satz 2 ZPO vortragen und diese glaubhaft machen müssen, da ihm bereits zu diesem Zeitpunkt die Hinderungsgründe für eine Einreichung auf gesetzlich vorgeschriebenem Weg bekannt waren und ihm zugleich eine sofortige Glaubhaftmachung dieser Gründe möglich war. Nachträglich sei dies nicht möglich gewesen. Ein Wahlrecht, eine mögliche Darlegung und Glaubhaftmachung zunächst zu unterlassen und diese erst später (unverzüglich) nachzuholen, bestehe nicht. Der Kläger lege nicht dar, dass die gebotene Darlegung und Glaubhaftmachung hinsichtlich der von Anfang an fehlenden Übermittlungsfunktion der beA-Basiskarte nicht bereits bei der schriftlichen Einreichung der Berufungsbegründung möglich gewesen wäre. Vielmehr führe er selbst aus, dass sein Anwalt bereits im Dezember 2021 von der fehlenden Funktionsfähigkeit seiner beA-Karte gewusst habe.