Unterhaltsabänderung bei sittenwidrigen Eheverträgen

Die rechtskräftige Beurteilung eines Ehevertrags als sittenwidrig kann zwar nicht durchbrochen werden, aber durch geänderte Umstände kann eine Neubewertung notwendig werden. Laut Bundesgerichtshof muss die Berufung auf einen Ehevertrag, in dem gegenseitiger nachehelicher Unterhalt ausgeschlossen wurde, im Rahmen eines Abänderungsverfahrens nicht mehr rechtsmissbräuchlich sein. Es ging um nachehelichen Unterhalt einer Hausfrau, die inzwischen eigenes Einkommen hatte.

Typische Hausfrauenehe geschlossen

Ein Paar heiratete 1978 und schloss einen Ehevertrag, mit dem sie den Versorgungsausgleich und gegenseitige Unterhaltsansprüche nach der Ehe ausschlossen. Sie bekamen zwei Kinder. Sie - ohne Berufsausbildung - gab nach der Geburt des ersten Kindes ihre Arbeit auf und widmete sich dem Haushalt und den Kindern. 2006 trennten sich die Eheleute und schlossen erneut einen Ehevertrag, mit dem sie unter anderem ihre Regelungen aus dem ersten Vertrag ausdrücklich bestätigten. Mit der Scheidung drei Jahre später wurde der Mann vom Amtsgericht Oranienburg sowohl zum nachehelichen Ehegattenunterhalt als auch zum Altersvorsorgeunterhalt verurteilt, denn die Eheverträge seien diesbezüglich sittenwidrig. 2013 wurde die Frau erwerbsunfähig und bezog seit 2014 eine Erwerbsminderungsrente. Sie verlangte nunmehr höheren Unterhalt seit 2014, er hingegen verlangte die Abänderung des Unterhalts auf null. Das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg gab dem Antrag der Frau überwiegend statt. Das Kammergericht verringerte den Unterhaltsbetrag. Trotzdem erhob der Mann Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof - mit Erfolg.

Keine Korrektur von Fehlern möglich

Grundsätzlich - so der BGH - dürfen im Rahmen der Abänderung nach § 238 FamFG die Umstände, die bereits Gegenstand der vorangegangen Unterhaltsentscheidungen waren, nicht mehr abweichend beurteilt werden. Sei der Ehevertrag einmal als sittenwidrig eingestuft worden, könne dieses wegen der Rechtskraft der Entscheidung nicht mehr korrigiert werden.

Ehevertrag darf erneut bewertet werden

Dennoch ist dem XII. Zivilsenat zufolge eine Neubewertung der Eheverträge im Rahmen des Abänderungsverfahrens - soweit neue Tatsachen vorliegen - möglich, nämlich dann, wenn das Berufen auf den sittenwidrigen Ehevertrag nicht länger rechtsmissbräuchlich im Sinn der Ausübungskontrolle nach § 242 BGB ist. Die Karlsruher Richter reichten den Fall zur weiteren Prüfung an das Kammergericht zurück und wiesen auf Gesichtspunkte hin, die gegen einen Rechtsmissbrauch des Ehemanns sprechen könnten: Zum Zeitpunkt der ersten Bewertung sei es darum gegangen, ehebedingte Nachteile der Ehefrau auszugleichen. Inzwischen sei diese Kompensation wohl vollständig erfolgt. Ein weiteres Festhalten an dieser Beurteilung könne dazu führen, die Frau besserzustellen, als wenn sie diese Hausfrauenehe nicht geführt hätte. Seine ehemalige Partnerin beziehe heute Erwerbsminderungsrente und sei auf seinen Unterhalt gegebenenfalls nicht mehr angewiesen. Hinzu komme, dass sie erneut liiert sei.

BGH, Beschluss vom 17.03.2021 - XII ZB 221/19

Redaktion beck-aktuell, 20. Mai 2021.