Vater erklärt sich für "unbegrenzt leistungsfähig"
Eine Tochter verlangte von ihrem Vater Auskunft zu seinem Einkommen und Zahlung von Kindesunterhalt. Diesbezüglich hatte er sich für "unbegrenzt leistungsfähig" erklärt. Im Jahr 2014 ließen sich die Eltern nach fünf Jahren Ehe scheiden. Sie waren gemeinsam sorgeberechtigt. Der Erziehungsberechtigte war Geschäftsführer eines Verlags und weiterer Gesellschaften, die Schülerin lebte bei ihrer Mutter. Eine im Juni 2013 geschlossene Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung enthielt eine bis zum 30.06.2019 befristete Regelung zum - mit dem Ehegattenunterhalt zusammengefassten - Kindesunterhalt. Ab Juli 2019 verpflichtete sich der Ex-Mann durch notarielle Urkunde zur Zahlung von 160% des Mindestunterhalts. Dieser ließ sich mittels der Düsseldorfer Tabelle entsprechend der jeweiligen Altersstufe abzüglich des hälftigen Kindergelds berechnen.
Düsseldorfer Tabelle: Einzelfallprüfung oberhalb der höchsten Einkommensgruppe
Das AG München gab dem Antrag teilweise statt. Das OLG München wies die Beschwerde des Vaters zurück: Die Auskunftsverpflichtung bleibe bestehen. Die Düsseldorfer Tabelle sehe bei Überschreiten der höchsten Einkommensgruppe eine Einzelfallprüfung vor. Dabei sei von Bedeutung, welcher Finanzbedarf des Kindes angesichts der konkreten Einkommensverhältnisse des Unterhaltspflichtigen noch als angemessen anzusehen sei. Der Umstand, dass die Eltern sich schon kurz nach der Geburt des Kindes getrennt hätten, könne nicht von vornherein für eine Begrenzung des Kindesunterhalts herangezogen werden, da das Kind seine Lebensstellung auch von einem Elternteil ableite, mit dem es nie zusammengelebt habe.
BGH: Fortschreibung der Düsseldorfer Tabelle sachgerecht
Die Rechtsbeschwerde hatte vor dem BGH keinen Erfolg. Das OLG München sei zu Recht davon ausgegangen, dass eine Auskunftsverpflichtung des Vaters nach § 1605 BGB bestehe. Durch den Umstand, dass sich der Unterhaltspflichtige für "unbegrenzt leistungsfähig" erklärt hat, steht aus Sicht der Bundesrichter lediglich fest, dass das Gericht den Unterhalt grundsätzlich ohne Rücksicht auf dessen Leistungsfähigkeit festzusetzen hat. Dies bedeute nicht, dass der Unterhaltsbedarf auch ohne Rücksicht auf die Höhe des Einkommens oder des Vermögens ermittelt werden könne.
Unterhaltsbedarf nunmehr auch ohne konkrete Bedarfsermittlung
Eine über die höchste Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle hinausgehende Fortschreibung der Tabellenwerte hielt der XII. Zivilsenat in seiner bisherigen Rechtsprechung nicht für sachgerecht und verlangte bei hohen Einkommen stattdessen grundsätzlich eine konkrete Bedarfsermittlung. An dieser hält er nicht mehr uneingeschränkt fest. Das Kind leitet aus Sicht des BGH seinen Lebensstandard von den Eltern ab, ohne an das es an diesem tatsächlich teilgenommen haben muss. Einen Anspruch auf Teilhabe am Luxus der Eltern habe es dagegen nicht. Der Unterhalt werde durch das "Kindsein" geprägt.
Laut BGH wird diese Grenze durch eine an der neueren Rechtsprechung des Senats zum Ehegattenunterhalt ausgerichtete Fortschreibung der Düsseldorfer Tabelle noch nicht berührt. Aus Sicht des Familiensenats lässt sich der Unterhalt, basierend auf dem konkreten Einkommen des Vaters, nunmehr aus der der möglichen Fortschreibung des Tabellenbedarfs über den Höchstbetrag der Düsseldorfer Tabelle ermitteln.
Das OLG habe im Übrigen zutreffend darauf hingewiesen, dass auch ein Mehrbedarf (zum Beispiel Hortkosten) in Rede stehe, bezüglich dessen sich der Ex-Mann auf eine anteilige Mithaftung der Kindesmutter berufen habe. Insoweit bedürfe die Tochter der Einkommensauskunft, um die mögliche - in ihre Darlegungslast fallende - Haftungsquote berechnen zu können.