Un­ter­brin­gung: Län­ger als ein Jahr muss das Ge­richt gut be­grün­den

Will ein Ge­richt eine Un­ter­brin­gung in einer ge­schlos­se­nen Ein­rich­tung für mehr als ein Jahr ge­neh­mi­gen oder an­ord­nen, muss es diese Aus­nah­me von der Regel be­grün­den. Die Grün­de müss­ten dabei "deut­lich und er­kenn­bar her­vor­tre­ten", be­stä­tigt der BGH.

Ein psy­chisch Kran­ker wehr­te sich gegen seine er­neu­te Un­ter­brin­gung in einer ge­schlos­se­nen so­zi­al­the­ra­peu­ti­schen Wohn­stät­te. Der Be­trof­fe­ne lei­det an einer pa­ra­noi­den Schi­zo­phre­nie. Seine Un­ter­brin­gung wurde in der Ver­gan­gen­heit be­reits mehr­fach be­treu­ungs­ge­richt­lich ge­neh­migt. Das AG Pirna hatte sie im März 2023 auf An­trag des Be­treu­ers bis längs­tens März 2025 ge­neh­migt, nach­dem es ein Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­ten ein­ge­holt und den Be­trof­fe­nen an­ge­hört hatte.

Seine Be­schwer­de da­ge­gen schei­ter­te beim LG Dres­den, das ein er­gän­zen­des Gut­ach­ten zur er­for­der­li­chen Dauer der Un­ter­brin­gung be­auf­trag­te. Die Un­ter­brin­gung sei nach § 1831 Abs. 1 Nr. 2 BGB zum Wohl des Er­krank­ten er­for­der­lich, weil die Ge­fahr be­stehe, dass er bei Weg­fall der Un­ter­brin­gung – wie von ihm an­ge­kün­digt – seine me­di­ka­men­tö­se Be­hand­lung so­fort be­en­den werde. Dem BGH ge­nüg­te das nicht, die Rechts­be­schwer­de des Be­treu­ers hatte vor­erst Er­folg.

Eine frei­heits­ent­zie­hen­de Un­ter­brin­gung zur Durch­füh­rung einer Heil­be­hand­lung, so der XII. Zi­vil­se­nat, könne man­gels Er­folgs­aus­sich­ten einer Heil­be­hand­lung nicht auf § 1831 Abs. 1 Nr. 2 BGB ge­stützt wer­den (Be­schluss vom 08.11.2023 – XII ZB 219/23). Auch sei eine Zwangs­be­hand­lung noch nicht rechts­kräf­tig an­ge­ord­net, ein beim AG dies­be­züg­lich le­dig­lich an­hän­gi­ges Ver­fah­ren ge­nügt den Bun­des­rich­te­rin­nen und -rich­tern dafür nicht.

BGH: Über­schrei­ten der Höchst­frist ist be­grün­dungs­be­dürf­tig

Der an­ge­foch­te­ne Be­schluss ent­hal­te au­ßer­dem keine aus­rei­chen­de Be­grün­dung für das Ab­wei­chen von der nach § 329 Abs. 1 Satz 1 FamFG re­gel­mä­ßig ein Jahr be­tra­gen­den Höchst­frist, mo­nier­ten die obers­ten Zi­vil­rich­ter und -rich­te­rin­nen. Die Ab­wei­chung vom Re­gel­fall müss­te aber wegen des hohen Rangs des Rechts auf Frei­heit der Per­son aus­rei­chend be­grün­det wer­den. Sol­che Grün­de könn­ten sich, so der Senat, etwa aus kon­kre­ten Fest­stel­lun­gen über die Dauer einer not­wen­di­gen The­ra­pie oder aus feh­len­den Hei­lungs- und Bes­se­rungs­aus­sich­ten bei an­hal­ten­der Ei­gen­ge­fähr­dung er­ge­ben. Weder das eine aber noch das an­de­re habe das Ge­richt, vor allem mit Blick auf die von Ge­set­zes wegen nö­ti­ge „Of­fen­sicht­lich­keit“ der Grün­de, aber dar­ge­legt. Der BGH ver­wies die Sache daher an das LG zu­rück.

BGH, Beschluss vom 08.11.2023 - XII ZB 219/23

Redaktion beck-aktuell, ns, 19. Dezember 2023.

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