Angeklagter nahm eigene Befehlsgewalt in Deutschland an
Nach den Feststellungen des LG war der Angeklagte davon überzeugt, das "Supreme Headquarters Allied Expeditionary Force", das Hauptquartier der alliierten Streitkräfte in Nordwest- und Mitteleuropa während des Zweiten Weltkrieges ab Ende 1943, bestehe fort und sei die regierende Instanz in Deutschland. Die Existenz der Bundesrepublik Deutschland verneinte er. Er nahm an, er sei vom früheren US-Präsidenten Trump zum "Commander" der US-Streitkräfte ernannt und mit der Ausübung von Hoheitsrechten auf deutschem Staatsgebiet beauftragt worden. Er sei berechtigt und verpflichtet, in Deutschland verbindliche Befehle zu erteilen und rechtsprechende Gewalt auszuüben. Der Angeklagte richtete im Internet Telegram-Kanäle ein, die jeweils mehrere tausend "Follower" – überwiegend aus dem Kreis anderer sogenannter Reichsbürger – hatten, um auf diesem Wege Befehle zu erteilen.
Tötungsbefehl erteilt und "Todesurteile" verkündet
Im Herbst 2021 forderte er einen gesondert Verfolgten, der sich ratsuchend an ihn gewandt hatte, mittels einer in einen seiner Telegramkanäle eingestellten Audionachricht dazu auf, den Bürgermeister einer norddeutschen Kleinstadt zu töten, sofern dieser sich weiterhin weigere, das "Amtsblatt der Alliierten Hohen Kommission" im Rathaus auszulegen. Zudem verkündete er im Internet eine Vielzahl von "Todesurteilen" gegen Personen des öffentlichen Lebens, Polizeibeamte, Justizangehörige, einen Journalisten und weitere Personen, die sich aus seiner Sicht fehlerhaft verhalten hatten, etwa weil sie für Impfungen gegen das Corona-Virus eingetreten oder gegen Angehörige der Reichsbürgerszene vorgegangen waren. Der Angeklagte erwartete, dass Gleichgesinnte, die seine Autorität anerkannten, seine "Todesurteile" vollstrecken würden.
Freispruch wegen Schuldunfähigkeit
Das LG ist – durch einen psychiatrischen Sachverständigen beraten – zu der Feststellung gelangt, dass der Angeklagte an einer Wahnerkrankung leidet und daher in schuldunfähigem Zustand handelte. Deswegen hat es den Angeklagten mit vom Vorwurf der versuchten Anstiftung zum Totschlag, der öffentlichen Aufforderung zu Straftaten in einer Vielzahl von Fällen sowie des gefährdenden Verbreitens personenbezogener Daten freigesprochen. Zugleich hat es angenommen, vom Angeklagten seien krankheitsbedingt in Zukunft vergleichbare, als erheblich gewertete Taten zu erwarten, weshalb er für die Allgemeinheit gefährlich sei. Es hat daher seine – unbefristete – Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB angeordnet. Zudem hat es mehrere im Eigentum des Angeklagten stehende Gegenstände, darunter ein Smartphone und einen Tabletcomputer, als Tatmittel eingezogen. Gegen das Urteil hat der Angeklagte Revision eingelegt.
Nur über Einziehung erneut zu entscheiden
Der BGH hat bei der Überprüfung des Urteils, soweit es die Annahme von Schuldunfähigkeit des Angeklagten und die Anordnung seiner Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus anbelangt, keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten gesehen. Insofern hat er das Rechtsmittel verworfen. Lediglich die Einziehungsentscheidung hat der BGH aufgehoben, weil das LG diese nicht rechtsfehlerfrei begründet hat. Über die Einziehung wird daher eine andere Strafkammer des LG Oldenburg neu zu verhandeln und zu entscheiden haben.