Unklare Sammelbegriffe verletzen Bestimmtheitsgrundsatz

Sollen nicht räumlich zusammengefasste Gegenstände einer bestimmten Gattung übereignet werden, ist das sachenrechtliche Bestimmtheitsgebot nur dann gewahrt, wenn klar ist, auf welche einzelnen Gegenstände sich die Vertragspartner beziehen. Flüssiggastanks, die nicht näher bezeichneten Kunden überlassen werden, genügen diesen Anforderungen laut Bundesgerichtshof jedenfalls nicht.

Nicht näher bezeichnete Tanks

Eine Flüssiggashändlerin verlangte von einer Konkurrentin, es zu unterlassen, ohne ihre Einwilligung in ihrem Eigentum stehende Flüssiggasbehälter zu befüllen. Wer Eigentümer war, war umstritten: Das Unternehmen war aufgrund Verschmelzung Rechtsnachfolgerin der VFG-GmbH geworden. Diese war 2005 von der VGO-GmbH & Co. KG gegründet worden. Dabei verkaufte die VGO der VFG unter anderem Flüssiggastanks. Diese waren an Endkunden vermietet und in deren Besitz, und sollten durch Abtretung des Herausgabeanspruchs übereignet werden. Der Kundenstamm wurde verpachtet. Die Liste befand sich im Anhang zum Pachtvertrag. Einer der Kunden hatte zuletzt 1999 einen Versorgungsvertrag unter Vereinbarung eines Fremdbefüllungsverbots geschlossen. Der dafür von der VGO gelieferte und in das Grundstück eingebaute Gastank sollte in deren Eigentum verbleiben und war mit einem Eigentumsaufkleber versehen. Dennoch befüllte ihn die Beklagte 2016 und 2017. 

OLG: Sammelbezeichnung ist ausreichend

Sowohl das LG Wiesbaden als auch das OLG Frankfurt am Main gaben dem Antrag der Klägerin auf Unterlassung nach § 1004 Abs. 1 BGB statt. Die Klägerin sei Eigentümerin des auf dem Grundstück des Kunden befindlichen Gastanks. Die Befüllung durch die Beklagte stelle eine Eigentumsbeeinträchtigung dar. Für die notwendige Einzelübertragung genüge die Sammelbezeichnung "Flüssiggastanks". Die ursprüngliche Eigentümerin habe auch dem Kunden einen Gastank überlassen, weil er zu ihrem Kundenstamm gehöre und der Aufkleber auf ihr Eigentum hinweise. Die Revision der Beklagten beim BGH hatte überwiegend Erfolg.

Einigungserklärung ist klärungsbedürftig

Der V. Zivilsenat verwies die Sache zur weiteren Prüfung ans OLG zurück. Falsch sei dessen Annahme, mit der Sammelbezeichnung "alle von der VGO an ihre Kunden überlassenen Flüssiggastanks" seien die zu übereignenden Sachen bestimmt bezeichnet worden. Solle, wie hier, nicht lediglich eine einzelne Sache, sondern eine Sachgesamtheit übereignet werden, genüge die Einigung dem sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz nur dann, wenn klar ist, auf welche einzelnen Gegenstände aus der Sachgesamtheit sich der Übereignungswille der Parteien erstreckte. Dabei genüge es, wenn ohne Weiteres ersichtlich sei, welche individuell bestimmten Sachen übereignet worden sind. An einer solchen Individualisierung der übereigneten Flüssiggastanks fehlt es hier, so der BGH. Ein Dritter könne, weil die Tanks nicht räumlich zusammengefasst seien, der Gattungsbezeichnung "Flüssiggastanks" allein nicht entnehmen, welche Flüssiggastanks von der Übereignung erfasst werden sollen. Das OLG müsse nunmehr prüfen, ob sich die VGO und die VFG bei Abschluss des Kaufvertrags durch eine ausdrückliche oder stillschweigende Bezugnahme auf den Pachtvertrag bzw. auf die diesem beigefügte Kundenliste nach § 929 Satz 1 BGB darüber einig waren, dass diejenigen Flüssiggastanks übereignet werden sollten, die sich bei den in dieser Liste im einzelnen genannten Kunden befanden.

BGH, Urteil vom 16.12.2022 - V ZR 174/21

Redaktion beck-aktuell, 13. Februar 2023.