Unionswidriges Gesetz bleibt wirksam
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Die kurze Verjährungsfrist für Gewährleistungsansprüche nach deutschem Recht verstößt zwar eindeutig gegen die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, lässt sich aber nicht unionskonform auslegen. Daher bleibt sie dem Bundesgerichtshof zufolge wirksam, bis der Gesetzgeber eine neue Regelung trifft.

Kaputtes Auto gekauft

Ein Mann kaufte einen BMW X 6 für rund 25.000 Euro von einer Unternehmerin. In den allgemeinen Geschäftsbedingungen regelten die Parteien die Gewährleistungsverjährung von einem Jahr ab Lieferung. Anderthalb Jahre später trat der Käufer von dem Vertrag wegen behaupteter Mängel zurück und verlangte dessen Rückabwicklung. Vergeblich, denn die Verkäuferin erhob die Einrede der Verjährung. Sowohl das Landgericht Frankenthal als auch das Oberlandesgericht Zweibrücken wiesen seine Klage ab. Auch seine Revision vor dem Bundesgerichtshof hatte keinen Erfolg.

Kurze Verjährung verstößt gegen Verbrauchsgüterkaufrichtlinie

Der Autokäufer beruft sich dem BGH zufolge zwar zu Recht darauf, dass die Vereinbarung der kurzen Verjährung gegen Art. 5 Abs. 1, Art. 7 Abs. 1 UAbs. 2 der Richtlinie 1999/44/EG (Verbrauchsgüterkaufrichtlinie) verstößt. Diese sieht nämlich vor, dass Gewährleistungsansprüche mindestens zwei Jahre lang ausgeübt werden können. Aber: Die nationale Umsetzung der Richtlinie in § 475 Abs. 2 letzter Hs. BGB a.F. (jetzt § 476 Abs. 2 letzter Hs. BGB) sieht wie der Vertrag für gebrauchte Sachen nur die kurze Verjährung vor und verstößt damit ebenfalls gegen die Richtlinie. 

Unionskonforme Auslegung unmöglich

Der VIII. Zivilsenat hält eine richtliniengerechte Interpretation der nationalen Vorschrift für nicht möglich: Die richterliche Auslegung finde ihre Grenze in der verfassungsrechtlichen Bindung des Richters an das Gesetz, Art. 20 Abs. 3 GG. Werde § 476 Abs. 2 letzter Hs. BGB nun dahingehend umgedeutet, dass aus einem Jahr zwei Jahre Verjährungsfrist werden, oder die Vorschrift einfach ignoriert (Derogation), verstoße das Gericht gegen den eindeutigen Wortlaut und den ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers. Eine Auslegung sei hier nicht möglich, weil kein Raum für eine Interpretation vorhanden sei. Es obliege allein der Legislative, ihre Gesetze zu korrigieren. Im Ergebnis, so die Karlsruher Richter, bleibe die unionswidrige Vorschrift und damit die vertraglich vereinbarte Gewährleistungsverjährungsfrist wirksam. Die Klageabweisung ist rechtskräftig.

BGH, Urteil vom 18.11.2020 - VIII ZR 78/20

Redaktion beck-aktuell, 18. Dezember 2020.