Ein Gläubiger hatte gegen eine Schuldnerin – eine Online-Vermittlungsplattform für anwaltliche Leistungen – ein "empfindliches Ordnungsgeld" beantragt, nachdem diese trotz Unterlassungstitel des LG Hamburg wiederholt unlauter mit der kostenlosen Bearbeitung von Bußgeldverfahren geworben hatte. Weder bezifferte er den Ordnungsgeldantrag noch nannte er eine Größenordnung. In einem späteren Schriftsatz führte er allerdings aus: "Letztlich ist der Beklagten (Schuldnerin) dahingehend zuzustimmen, dass zwei Ordnungsmittelbeschlüsse à 5.000 €, in Summe 10.000 €, die Beklagte nicht dazu anhalten konnten, das gerichtliche Unterlassungsgebot zu erfüllen (…) sodass diesmal natürlich ein deutlich empfindlicheres Ordnungsgeld festzusetzen ist." Das LG verhängte nun ein Ordnungsgeld von 2.000 Euro. Zwar liege ein wiederholter Verstoß vor, dieser sei aber lediglich leicht fahrlässig begangen worden und auch objektiv als geringfügig zu bewerten, so die nähere Begründung. Der Gläubiger hielt das für zu niedrig. Das OLG Hamburg verwarf seine Beschwerde als unzulässig, da das LG nicht von einem gestellten Antrag abgewichen sei.
Der I. Zivilsenat des BGH gab dem Gläubiger im Ergebnis Recht (Beschluss vom 23.11.2023 – I ZB 29/23). Zwar sei dem OLG zuzustimmen, dass der Gläubiger generell nicht beschwert sei, weil er in seinem Antrag nach § 890 Abs. 1 S. 1 ZPO keine Größenordnung für das Ordnungsgeld genannt habe, sodass das Gericht nicht von einem gestellten Antrag abgewichen sei.
Allerdings, so der BGH weiter, habe der Gläubiger die Vorstellungen von der Höhe des Ordnungsgeldes in seinem Schriftsatz konkretisiert. Das reicht den Karlsruher Richterinnen und Richtern zufolge aus, um die Beschwer des Gläubigers dennoch zu bejahen.
BGH: Nennung eines Mindestbetrags im Schriftsatz ist ausreichend
"Für die Frage, ob die erforderliche Beschwer für das Rechtsmittelverfahren vorliegt, ist es ohne Bedeutung, ob der Gläubiger seine Vorstellungen zur Höhe des festzusetzenden Ordnungsmittels in Form eines bezifferten Antrags zum Ausdruck gebracht hat oder ob er in den (…) Schriftsätzen im Ordnungsmittelverfahren einen festzusetzenden Mindestbetrag genannt (…) hat." Maßgebend für die Frage der Beschwer sei allein, ob der Gläubiger erkennbar Wert auf die Höhe des Ordnungsmittels gelegt habe, was hier der Fall gewesen sei. Aus der Formulierung, es sei dieses Mal "natürlich ein deutlich empfindlicheres Ordnungsgeld festzusetzen" (als bei den zwei zuvor festgesetzten Ordnungsgeldern in Höhe von jeweils 5.000 Euro), ergebe sich hinreichend deutlich, dass der Gläubiger nunmehr ein Ordnungsgeld von mehr als 5.000 Euro für notwendig erachte. Da das OLG diesen Vortrag unter Verstoß gegen Art. 103 GG unberücksichtigt ließ, müsse es erneut entscheiden.