Umdeutung eines Rechtsbehelfs nur bei fristgemäßem Antrag

Greift man eine gerichtliche Entscheidung mit einem falschen Rechtsbehelf an, besteht grundsätzlich die Möglichkeit, den Schriftsatz in das statthafte Rechtsmittel umzudeuten. Der Bundesgerichtshof lehnte die Interpretation einer "Berufung" als Antrag auf Zulassung der Berufung jedoch in einem Fall ab, in dem der Schriftsatz erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist einging.

Aufnahme in Rechtsanwaltskammer zurückgenommen

Die Rechtsanwaltskammer Frankfurt nahm die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft einer Anwältin zurück, nachdem ihr nachträglich Tatsachen bekannt wurden, die ihre Zulassung ausgeschlossen hätten. Die hiergegen gerichtete Klage vor dem Anwaltsgerichtshof Frankfurt a. M. blieb ohne Erfolg, das Gericht ließ die Berufung nicht zu. Dieses Urteil bekam die Anwältin am 01.09.2021 zugestellt. Am 27.09. stellte sie einen "Berufungsantrag", forderte die Aufhebung des Urteils und die Stattgabe ihrer Beschwerde bei der Kammer. Sie bezeichnete sich selbst als "Beschwerdeführerin" und kündigte eine Begründung an. Dieser Schriftsatz gelangte erst am 05.10. zum Anwaltsgerichtshof. Das Rechtsmittel vor dem Bundesgerichtshof blieb ohne Erfolg.

Rechtsmittel war nicht statthaft und zu spät

Gegen ein Endurteil des Anwaltsgerichtshofs steht dem Beteiligten nach § 112e Satz 1 BRAO eine Berufung nur dann zu, wenn sie vom erkennenden Gericht oder Bundesgerichtshof zugelassen worden ist. Demzufolge wäre das statthafte Rechtsmittel nach § 112e Satz 2 BRAO iVm § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO die Zulassung der Berufung gewesen – nicht die Berufung. Der BGH bemängelte, trotz richtiger Rechtsmittelbelehrung habe die Juristin das Rechtsmittel ausdrücklich als Berufung bezeichnet und in dem gesamten Schreiben keinerlei Zweifel daran aufkommen lassen, dass sie genau dieses Rechtsmittel meinte. Der Anwaltssenat lehnte auch die Umdeutung ihres Antrags ab, weil sie sowieso die einmonatige Rechtsmittelfrist nach § 112e Satz 2 BRAO in Verbindung mit § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO versäumt hatte. Ihr Rechtsbehelf wurde als unzulässig abgelehnt.

Redaktion beck-aktuell, 12. April 2022.