Berufung gegen Räumungsklage
Das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg hatte einen Mieter wegen Zahlungsrückständen zur Räumung und Herausgabe seiner Wohnung verurteilt. Der Mieter wollte dies nicht akzeptieren und legte beim Landgericht Berlin Berufung ein. Bereits bei Berufungseinlegung hatte sein Anwalt die Verlängerung der Begründungsfrist beantragt. Sicherheitshalber fragte er mit Schriftsatz vom 11.01.2022 über das beA an, ob seinem Fristverlängerungsantrag stattgegeben worden sei. Wunschgemäß teilte ihm das Gericht daraufhin mit, dass die Frist bis zum 02.03.2022 verlängert werde. Am 25.02.2022 erhielt das LG Berlin erneut den Schriftsatz vom 11.01.2022, wobei diesmal eine Kopie der Geburtsurkunde der Tochter des Mieters beigefügt war. Der Dateiname lautete "M_89_21_LG_Bln_SS_11_01_22.pdf.p7s"
Falsche Datei per beA verschickt
Auf Hinweis des Gerichts nach Ablauf der Frist, dass keine Berufungsbegründung eingegangen sei, wurde die Wiedereinsetzung beantragt. Zur Begründung verwies der Prozessbevollmächtigte darauf, dass es sich um ein Augenblicksversagen seiner Mitarbeiterin gehandelt habe, die hier die Dateien verwechselt und den alten Schriftsatz mit der Bezeichnung "Berufungsbegründung" hochgeladen habe. Sie sei besonders im Umgang mit dem beA geschult und das "Prüfprotokoll" werde ausgedruckt. Bei dessen Überprüfung sei für ihn nicht erkennbar gewesen, dass der verkürzt (bis einschließlich der Ziffer 11) wiedergegebene Dateiname auf einen Schriftsatz aus dem Januar verwiesen habe. Das LG Berlin verwarf die Berufung als unzulässig. Die Rechtsbeschwerde beim BGH blieb erfolglos.
BGH beanstandet Prüfung als unzureichend
Die Karlsruher Richter hielten dem Bevollmächtigten entgegen, dass er nicht allein auf die von seiner Mitarbeiterin gewählte Bezeichnung als "Berufungsbegründung" haben vertrauen dürfen. Als vom Benutzer frei wählbare Bezeichnung sage dies nicht zwingend etwas über die angehängte Datei aus. Auch anhand der verkürzten Form des Dateinamens sei noch erkennbar gewesen, dass hier ein Schriftstück versandt worden sei, das am 11. eines Monats erstellt worden war. Die Berufungsbegründung sei hingegen am 23.02.2022 verfasst worden. Die Behauptung des Anwalts, er habe die "11" als Teil einer Chronologie der Schriftsätze verstanden, sei nicht plausibel. Der VIII. Zivilsenat erinnerte unter Verweis auf die beA-Newsletter der Bundesrechtsanwaltskammer (hier 27/2019) an die Notwendigkeit, eindeutige Bezeichnungen zu vergeben. Dementsprechend sei es in der Kanzlei offenkundig üblich gewesen, Dateinamen nach einer festen Struktur zu vergeben – einschließlich des jeweiligen Datums in der Form Tag, Monat und Jahr.