Treuepflichten eines Gesellschafter-Geschäftsführers

Ein Gesellschafter hat keinen Anspruch gegen einen Geschäftsführer auf Unterlassung der Einreichung einer falschen Gesellschafterliste. Einem Gesellschafter-Geschäftsführer, der seine Stellung hierfür missbrauchen will, kann dies aber untersagt werden, wie der Bundesgerichtshof betont. Dies ergebe sich aus der Treuepflicht des Anteilseigners gegenüber dem Mitgesellschafter.

Erbstreitigkeit im Unternehmen

Die Regelung einer Unternehmensnachfolge führte zu Streit. Nach den Vorstellungen des im Mai 2013 verstorbenen Alleingesellschafters sollte seine Ehefrau 80% der Anteile erben, die restlichen 20% sollte ein Dritter erhalten. Unter der aufschiebenden Bedingung, dass sie einen Alleinerbschein erhalte, trat die Frau "in Erfüllung des …angeordneten Vermächtnisses" ein Fünftel der Geschäftsanteile an diesen ab. Danach nahm sie jedoch den Erbscheinsantrag zurück und focht das Testament sowie ihre Abtretung an. Nachdem sie schließlich drei Jahre später, 2016, auf erneuten Antrag doch einen Alleinerbschein erhalten hatte, veranlasste der damalige Geschäftsführer die Einreichung einer neuen Gesellschafterliste mit den Namen beider Beteiligten. Anfang 2018 wurde die Erbin zur Geschäftsführerin bestellt. Nachdem ihr Mitgesellschafter 2020 ankündigte, ihre Abberufung beantragen zu wollen, teilte sie ihm mit, dass Zweifel an seiner Anteilseignerschaft bestünden. Sie werde eine neue Liste einreichen, die seinen Namen nicht mehr enthalte. Dies wurde der Frau einstweilen untersagt. Das LG Stade und das OLG Celle entschieden auch im Hauptverfahren zugunsten des Mitgesellschafters. Der BGH bestätigte dies im Ergebnis.

Durchsetzung eigennütziger Interessen

Der II. Zivilsenat stimmte mit dem OLG darin überein, dass der Anspruch auch gegenüber der Gesellschafter-Geschäftsführerin bestand. Anders als von den Celler Richtern angenommen, ergebe sich dies aber nicht aus ihrer Stellung als Geschäftsführerin. Als solche habe sie nur eine Treuepflicht gegenüber dem Unternehmen und keine direkten Rechtsbeziehungen zu den Anteilsinhabern.  Die von der Vorinstanz zitierte Entscheidung vom Dezember 2013 habe diesen Streit auch nicht im gegenteiligen Sinne entschieden.

Einreichen fehlerhafter Liste ist Treuepflichtverletzung

Als Gesellschafterin treffe die Frau aber eine Treuepflicht gegenüber ihrem Kompagnon. Deren Verletzung liegt nach Ansicht des Senats jedenfalls dann vor, wenn sie in diesem Rahmen ihre Stellung als Geschäftsführerin aus eigennützigen Motiven missbrauchen will, um eine fehlerhafte Gesellschafterliste einzureichen. Wie das OLG richtig entschieden habe, sei die derzeitige Aufstellung zumindest im Ergebnis zutreffend. Die Bedenken gegen die Übertragung der Anteile habe sie auch erst dann geäußert, als ihre Abberufung zum Thema geworden sei.

BGH, Urteil vom 08.11.2022 - II ZR 91/21

Redaktion beck-aktuell, 17. Februar 2023.