Verbraucherschutzverein hält Klausel für unwirksam
Ein Verbraucherschutzverein verklagte eine Assekuranz auf Unterlassung, eine Klausel mit der Formulierung "unerwartete und schwere Erkrankung" in ihren Versicherungsbedingungen (VB-RS 2014) zu verwenden. Dort waren im Abschnitt B für den Fall eines Reiserücktritts bzw. Reiseabbruchs unter anderem unter Nr. 3.1 folgende Regelungen vorgesehen: "3. Welche Ereignisse sind versichert? 1. Unerwartete und schwere Erkrankung, Tod, Unfallverletzung oder Schwangerschaft; (…)". Die Verbraucherschützer hielten die Formulierung wegen Verstoßes nach § 307 Abs. 1 BGB für unwirksam. Sie forderten das Unternehmen erfolglos zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf.
OLG: Leistungsbegrenzung bedeutet keine Vertragszweckgefährdung
Während der Verein beim LG Hamburg Recht bekam, misslang die Unterlassungsklage beim dortigen OLG. Die beanstandete Formulierung "unerwartete und schwere Erkrankung" erweise sich nicht als intransparent nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Es könne offenbleiben, ob sie überhaupt einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB unterliege. Eine unmittelbar wirkende Leistungsbegrenzung auf "unerwartete und schwere Erkrankungen" bedeute für sich genommen noch keine Vertragszweckgefährdung, denn es müsse möglich sein, bestimmte Sachverhalte nicht zu versichern. Dagegen legte der Kläger beim BGH die Revision ein - ohne Erfolg.
Keine Inhaltskontrolle bei primärer Leistungsbeschreibung
Der IV. Zivilsenat stimmte dem OLG im Ergebnis zu, dass die Klauseln nicht gegen das Transparenzgebot verstoßen. Die vom OLG offengelassene Frage, ob sie nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB überhaupt einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB unterliegen, sei zu verneinen. Dem BGH zufolge handelt es sich um Leistungsbeschreibungen, die "kontrollfrei" bleiben, weil sie den wesentlichen Vertragsinhalt bestimmen. Sie legten jeweils in Teil B Nr. 3 VB-RS 2014 nur die von der Beklagten geschuldete Leistung fest. Dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer sei bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses klar, dass ein Versicherer regelmäßig nur Schutz gegen künftige unvorhergesehen auftretende Erkrankungen biete - nicht aber bei bestehenden Vorerkrankungen. Das Leistungsversprechen der Assekuranz weiche auch nicht nach § 32 Satz 1 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) von §§ 19 ff. VVG ab. Denn die Beklagte werde durch die Klausel im Falle einer "erwarteten" Erkrankung nicht von ihrer Hauptleistung frei. Diese habe sie vielmehr überhaupt nur für "unerwartete" Erkrankungen versprochen. Ein weitergehendes Risiko habe sie nicht übernommen.