Tödlich endendes Kfz-Rennen wegen fehlerhaften Feststellungen zum Vorsatz neu zu verhandeln

Wegen widersprüchlicher Beweiserwägungen zum Vorsatz des Angeklagten ist ein Urteil, das das Landgericht Kleve im Zusammenhang mit dem tödlich endenden Kraftfahrzeugrennen in der Moerser Innenstadt gefällt hat, teilweise nicht haltbar. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden und das Urteil mit den Feststellungen zur subjektiven Tatseite aufgehoben. Insoweit soll jetzt das Landgericht Duisburg neu verhandeln.

Kraftfahrzeugrennen in Moerser Innenstadt

Der Angeklagte und der Mitangeklagte lieferten sich am späten Abend des Ostermontag im Jahr 2019 ein Kraftfahrzeugrennen auf der Bismarckstraße in Moers. Der Angeklagte befuhr dabei die Gegenfahrspur und erreichte rasch eine Geschwindigkeit von 157 km/h. Als die Geschädigte mit ihrem Fahrzeug von links aus einer Seitenstraße auf die vom Angeklagten befahrene Straße fuhr, prallte dieser trotz eines sofort eingeleiteten Brems- und Ausweichmanövers mit einer Geschwindigkeit von noch 105 km/h auf ihr Fahrzeug. Die Geschädigte verstarb im Krankenhaus.

Tötungs- oder Gefährdungsvorsatz bei Kraftfahrzeugrennen?

Das LG Kleve hatte den Angeklagten zunächst wegen Mordes zu lebenslanger Freiheitsstrafe und sodann nach erfolgreicher Revision wegen verbotenen Kraftfahrzeugrennens mit Todesfolge zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt und eine Fahrerlaubnissperre verhängt. Nach Überzeugung des LG habe der Angeklagte mit bedingtem Gefährdungsvorsatz, nicht aber mit bedingtem Tötungsvorsatz gehandelt. Gegen das Urteil haben die Staatsanwaltschaft und die Nebenkläger Revision eingelegt; sie beanstanden die Ablehnung des bedingten Tötungsvorsatzes als rechtsfehlerhaft.

BGH: Beweiserwägungen zum Vorsatz widersprüchlich

Der BGH hat das landgerichtliche Urteil mit den Feststellungen zur inneren Tatseite aufgehoben. Die Beweiserwägungen, mit denen das LG die Annahme bedingten Tötungsvorsatzes abgelehnt hat, seien nicht mit den Erwägungen vereinbar, mit denen es bedingten Gefährdungsvorsatz im Sinne des § 315d Abs. 2 StGB begründet hat. Nach Ansicht des LG habe der Angeklagte nicht ausschließbar darauf vertraut, dass eine Kollision mit Fahrzeugen des Querverkehrs ausbleiben werde, weil diese "grundsätzlich, wenn auch eingeschränkt" in der Lage sein würden, sein äußerst riskantes Fahrverhalten zu erkennen und sich auf die hieraus ergebende Gefahrenlage einzustellen. Die Annahme bedingten Gefährdungsvorsatzes habe das LG gleichwohl bejaht und zur Begründung ausgeführt, dass der Angeklagte mit einer Kollision mit Verkehrsteilnehmern gerechnet habe. Diese nicht widerspruchsfrei miteinander vereinbaren Beweiserwägungen zum Vorstellungsbild des Angeklagten begründeten einen Rechtsfehler.

BGH, Urteil vom 16.02.2023 - 4 StR 211/22

Redaktion beck-aktuell, 16. Februar 2023.