Tierhalterhaftung bei bissiger Katze

Trägt eine Katzenbesitzerin selbst vor, dass das Tier nur ihr gehört, kann ihre Haftpflichtversicherung nicht den Gebissenen zum Mithalter machen. Als einfache Nebenintervenientin dürfe die Versicherung keinen Geschehensablauf präsentieren, der in Widerspruch zum Vortrag der Hauptpartei steht, so der Bundesgerichtshof. Ausreichend sei, dass die unterstützte Partei die Erklärung zweifelsfrei nicht gegen sich geltend lassen möchte, und zwar auch dann, wenn dies nicht anwaltlich erklärt werde.

Streit um Katzenbiss

Ein Mann nahm die Halterin einer Katze auf Schadenersatz im Zusammenhang mit einer Bissverletzung am linken Handballen in Anspruch. Der Vorfall mit dem Tier habe sich im Februar 2014 ereignet, als er mit seiner Hand unter eine Schlafcouch gegriffen habe, um diese zusammenzuschieben. Er schilderte, dass die Katze noch an seiner Hand gehangen habe, als er sie hochgehoben habe. Noch am selben Tag wurde er wegen einer starken Entzündung stationär in der BG Unfallklinik Ludwigshafen-Oggersheim aufgenommen, wo er sechsmal operiert wurde. Die Streithelferin der Tierbesitzerin, deren privater Haftpflichtversicherer, zahlte ihm 1.000 Euro. In der Folgezeit stellte sie ihre Einstandspflicht in Abrede. Sie teilte mit, der Mann sei Miteigentümer und Mithalter der Katze. Zudem sei das von ihm geschilderte Geschehen unplausibel. Wenn die Katze tatsächlich vor Schreck zugebissen hätte, wäre zu erwarten gewesen, dass er in die Rückseite seiner Hand, nicht jedoch in den Handballen gebissen worden wäre. Katzen seien nicht bissig, sodass der Mann das Tier provoziert, geärgert und in die Enge getrieben habe, bevor es zum Biss gekommen sei. Das Landgericht Darmstadt holte ein Gutachten zu Mobiliar und Inneneinrichtung, vernahm die Tierärztin der Katze und hörte die anwaltlich nicht vertretene Beklagte informatorisch an. Diese gab an, dass ihr die Katze allein gehöre. Das Anliegen des Geschädigten scheiterte aber sowohl beim Landgericht als auch beim Oberlandesgericht Frankfurt am Mai, da der Kläger den von ihm behaupteten Vorgang nicht habe beweisen können. Seine Revision beim BGH hatte Erfolg.

Tiergefahr verwirklicht

Dem VI. Zivilsenat zufolge hat das OLG rechtsfehlerhaft eine Haftung der Beklagten verneint. Stehe fest, dass der Kläger von der allein von der Beklagten gehaltenen Katze gebissen worden sei, seien die Voraussetzungen des § 833 Satz 1 BGB erfüllt. Entscheidend sei, dass der Kläger durch den Katzenbiss, in dem sich die typische Tiergefahr der Katze verwirklicht habe, verletzt worden sei. Der gegenteilige Vortrag der Streithelferin sei nach § 67 Satz 1 Halbs. 2 ZPO unwirksam, weil er im Widerspruch zu den Erklärungen der Beklagten als Hauptpartei stehe, monierten die obersten Zivilrichter weiter. Die Beklagte habe im Rahmen ihrer Anhörung die Darstellung des Klägers zum Hergang des Katzenbisses bestätigt. Der Widerspruch müsse nicht ausdrücklich erklärt werden; es reiche, wenn sich aus dem Gesamtverhalten der unterstützten Partei zweifelsfrei ergebe, dass sie die Erklärung des Nebenintervenienten nicht gegen sich geltend lassen möchte. Der Widerspruch der Hauptpartei sei dabei auch dann zu berücksichtigen, wenn er nicht durch einen Rechtsanwalt erklärt werde; er unterliege nicht dem Anwaltszwang. Der Streithelferin der Beklagten komme nicht die Stellung eines Streitgenossen zu mit der Folge, dass sie von den Beschränkungen des § 67 Abs. 1 Halbs. 2 ZPO befreit wäre. Es fehle bereits an dem nach § 69 ZPO erforderlichen Rechtsverhältnis zwischen ihr und dem Kläger. Der BGH verwies die Sache zur weiteren Klärung an das OLG zurück.

BGH, Urteil vom 26.04.2022 - VI ZR 1321/20

Redaktion beck-aktuell, 1. Juni 2022.