BGH: Tatsächlich staatlich geförderte Riester-Rentenverträge sind unpfändbar

Das in einem Riester-Rentenvertrag angesparte Vermögen ist unpfändbar, soweit die vom Schuldner erbrachten Altersvorsorgebeiträge tatsächlich staatlich gefördert wurden. Dies hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 16.11.2017 entschieden. Dabei greife der Pfändungsschutz bereits dann, wenn der Vertrag förderfähig war, der Schuldner einen Zulagenantrag gestellt hatte und die Voraussetzungen für die Zulagengewährung vorlagen (Az.: IX ZR 21/17).

Insolvenzverwalter kündigte Riester-Vertrag

Die Schuldnerin schloss im Jahr 2010 bei der Beklagten einen Riester-Rentenvertrag ab. Der Vertrag sieht ein Kündigungsrecht für die Schuldnerin vor. Nachdem die Schuldnerin Beiträge in Höhe von insgesamt 333 Euro gezahlt hatte, stellte die Beklagte den Versicherungsvertrag auf Antrag der Schuldnerin beitragsfrei. Am 15.04.2014 eröffnete das Amtsgericht das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin und bestellte den Kläger zum Insolvenzverwalter. Der Kläger kündigte den Riester-Vertrag und verlangte von der Beklagten die Auszahlung des Rückkaufswertes.

Insolvenzverwalter sieht Riester-Vertrag als Bestandteil der Insolvenzmasse

Der Kläger meinte, die Riester-Rente gehöre zur Insolvenzmasse. Da die Schuldnerin das Recht habe, den Vertrag zu kündigen, erfülle der Vertrag nicht die Voraussetzungen des § 851c Abs. 1 ZPO. Daher könne der Vertrag in der Insolvenz zugunsten der Gläubiger verwertet werden. Außerdem habe die Schuldnerin weder einen Zulageantrag gestellt noch eine staatliche Zulage erhalten.

Beklagte: Angespartes Riester-Vermögen mangels Übertragbarkeit nicht pfändbar

Die Beklagte wendete ein, das in Riester-Verträgen angesparte Vermögen sei gemäß § 851 Abs. 1 ZPO unpfändbar, weil das Altersvorsorgevermögen einschließlich der Erträge in Riester-Renten gemäß § 97 Satz 1 EStG nicht übertragbar sei. Das Amtsgericht wies die Klage ab. Das Landgericht verurteilte die Beklagte auf die Berufung des Klägers zur Zahlung eines Teilbetrags. Dagegen legte die Beklagte mit dem Ziel vollständiger Klageabweisung Revision ein.

BGH: Keine Pfändbarkeit bei tatsächlicher staatlicher Förderung

Die Wirksamkeit der Kündigung des Riester-Vertrags durch den Insolvenzverwalter hängt davon ab, ob der Vertrag dem Insolvenzbeschlag unterliegt. Gegenstände, die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen, gehören nach § 36 Abs. 1 Satz 1 InsO nicht zur Insolvenzmasse. Der BGH hat nun entschieden, dass das in einem Riester-Vertrag angesparte Guthaben unpfändbar ist, soweit die vom Schuldner erbrachten Altersvorsorgebeiträge tatsächlich gefördert werden und den Höchstbetrag nicht übersteigen. Ob das angesparte Guthaben pfändbar sei, richte sich nach § 851 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit § 97 Satz 1 EStG. Da diese Ansprüche kraft gesetzlicher Anordnung nicht übertragbar seien, seien sie auch nicht pfändbar, so der BGH.

Pfändungsschutz für Riester-Vermögen durch § 851c ZPO nicht erschwert

Laut BGH hat der Gesetzgeber mit der Einführung des § 851c ZPO durch das Gesetz zum Pfändungsschutz der Altersvorsorge vom 26.03.2007 (BGBl I 2007, 368) keine zusätzlichen Anforderungen an die Unpfändbarkeit von Ansprüchen aus Riester-Renten geschaffen. Insbesondere sei es nicht erforderlich, dass der Riester-Vertrag unkündbar ist (§ 851c Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Soweit danach § 851c ZPO für die Unpfändbarkeit von Ansprüchen aus Verträgen Anforderungen an die Ausgestaltung der Vertragsbedingungen stelle, die von Riester-Verträgen nicht eingehalten werden müssten, handle es sich um eine unterschiedliche gesetzgeberische Wertentscheidung. Der Gesetzgeber habe durch § 851c ZPO den Schutz von Altersvorsorgeansprüchen verbessern wollen. Daher könne dem Gesetz nichts dafür entnommen werden, dass die Unpfändbarkeit von Ansprüchen aus Riester-Renten gegenüber der Rechtslage nach § 851 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit § 97 Satz 1 EStG zukünftig erschwert werden sollte.

Zulage muss für Pfändungsschutz noch nicht geflossen sein

Allerdings hänge der Pfändungsschutz für das in einem Riester-Vertrag angesparte Kapital davon ab, ob die Altersvorsorgebeiträge tatsächlich durch eine Zulage gefördert worden sind, unterstreicht der BGH. Dabei sei es ausreichend für die Unpfändbarkeit, wenn der Altersvorsorgevertrag im Zeitpunkt der Pfändung förderfähig war, der Schuldner bereits einen Zulagenantrag für die entsprechenden Beitragsjahre gestellt hatte und die Voraussetzungen für die Gewährung einer Zulage vorlagen. Der BGH hat den Rechtsstreit zur weiteren Aufklärung an das Landgericht zurückverwiesen, da zwischen den Parteien streitig sei, ob die Schuldnerin einen Zulageantrag gestellt und eine staatliche Zulage erhalten habe.

BGH, Urteil vom 16.11.2017 - IX ZR 21/17

Redaktion beck-aktuell, 16. November 2017.

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