Täuschung über Anbieter markenrechtlich erlaubt

Der Amazon-Marktplatz darf dem Verbraucher zumindest gemessen am Markenschutzrecht vortäuschen, dass Vorwerk seine Produkte über diese Plattform anbietet. Dieses Verhalten ist jedenfalls insoweit nicht verboten, da es die Marke "Vorwerk" nicht beeinträchtigt. Das hat der Bundesgerichtshof am 15.10.2020 entschieden.

Amazon-Marktplatz bietet Vorwerk-Produkte an

Vorwerk - ein Unternehmen, das für seine Staubsauger bekannt ist - ist nicht als Händler auf dem Amazon-Marktplatz tätig, sondern vertreibt seine Produkte in seinem eigenen Online-shop. Der Amazon-Marktplatz ist eine Plattform auf der Drittunternehmen ihre Produkte anbieten können. Der Betreiber der Amazon-Plattform buchte unter anderem Schlüsselwörter wie "Vorwerk" als Begriffe bei Suchmaschinenbetreibern, so dass potentielle Kunden auf den Marktplatz geleitet wurden, wenn sie in ihrem Browser entsprechende Anfragen eingaben. Hiergegen wehrte sich das Unternehmen unter anderem mit einer Unterlassungsklage. Das Landgericht Köln hatte der Klage vollständig stattgegeben, das Oberlandesgericht Köln änderte es auf die Berufung hin geringfügig ab. Beide Parteien wehrten sich gegen das Urteil des OLG vor dem Bundesgerichtshof.  

Verhalten Amazons nicht vom Markenschutz erfasst ...

Amazon hat dem BGH zufolge zwar nach § 14 MarkenG die Klagemarke im geschäftlichen Verkehr und ohne Zustimmung der Markeninhaberin benutzt, indem es "Vorwerk" als Schlüsselwort in Suchmaschinen buchte, um den Verbraucher anschließend auf seine Seite zu lotsen. Der Internetnutzer nahm wegen dieses Verhaltens auch an, dass Vorwerk seine Produkte auf dem Marktplatz anbiete. Aber: Die Täuschung, dass Vorwerk Händler auf dem Amazon-Marktplatz ist, ist keine Täuschung über das Produkt, sondern nur über den Anbieter. Der Kaufinteressent wird nicht über die Herkunft der Produkte irregeführt, denn die angebotenen Waren sind von Vorwerk hergestellt worden und damit Vorwerk-Produkte - egal, wer sie anbietet. Die Marke ist daher nicht vom beanstandeten Verhalten betroffen.

... und nicht unlauter

Dem I. Zivilsenat zufolge liegt wegen der Täuschung über den Anbieter auch kein unlauteres Verhalten nach § 5 Abs. 1 Satz 2 UWG vor. Dem Markeninhaber Vorwerk dürfe über das Lauterkeitsrecht keine Schutzposition eingeräumt werden, die ihm nach dem Markenschutzrecht nicht zukomme. Eine irreführende geschäftliche Handlung liege möglicherweise vor. Allerdings fehle es insoweit an Feststellungen des Berufungsgerichts, die darauf hindeuten, dass der Verbraucher wegen der Täuschung bei Amazon kaufe und dass er ohne das beanstandete Verhalten auf einer anderen Internetseite einkaufen würde. Der Bundesgerichtshof hob das Urteil des OLG Köln auf, wies die Unterlassungsklage - soweit sie sich auf die Markenschutzregeln stützte - ab und verwies die Klage im Übrigen an das OLG zurück.

BGH, Urteil vom 15.10.2020 - I ZR 210/18

Redaktion beck-aktuell, 13. November 2020.