Tätigkeit als Insolvenzverwalter nicht auf Wartezeit für Notarstelle anrechenbar
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Bei der Bewerbung um eine Notarstelle kann die Tätigkeit einer Rechtsanwältin als Insolvenzverwalterin im Rahmen der Wartezeit nicht berücksichtigt werden. Das hat der Senat für Notarsachen des Bundesgerichtshofs gestern entschieden. Dass die Insolvenzverwaltung zum Berufsbild des Rechtsanwalts gehöre, sei nicht der entscheidende Gesichtspunkt. Maßgeblich sei vielmehr, ob die Tätigkeit geeignet sei, das für das Notaramt nötige Erfahrungswissen zu vermitteln.

Bewerbung der Klägerin wurde nicht berücksichtigt

Die Klägerin hatte sich im Oktober 2019 als einzige Kandidatin auf eine für den Bereich ihres Kanzleisitzes ausgeschriebene Notarstelle im Anwaltsnotariat beworben. Sie ist seit 1999 als Rechtsanwältin zugelassen, seit 2009 im betreffenden Amtsgerichtsbezirk niedergelassen und mit einem Steuerberater und Wirtschaftsprüfer in einer Partnerschaftsgesellschaft verbunden. In den letzten fünf Jahren vor ihrer Bewerbung war sie vor allem als Insolvenzverwalterin tätig. Die Beklagte berücksichtigte ihre Bewerbung nicht, weil sie die für ihre Ernennung zur Notarin notwendige Voraussetzung der örtlichen Wartezeit nach § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BNotO (seit dem 01.08.2021: § 5b Abs. 1 Nr. 2 BNotO) noch nicht erfülle. Vor dem Oberlandesgericht Celle wie auch dem BGH klagte die Anwältin vergebens. 

Bestellungsvoraussetzungen nicht erfüllt

Die Beklagte habe ihr die ausgeschriebene Notarstelle zu Recht nicht übertragen, so der BGH, weil sie die besonderen Bestellungsvoraussetzungen gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BNotO a.F. nicht erfüllte. Denn die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass sie bei Ablauf der Bewerbungsfrist mindestens drei Jahre in dem in Aussicht genommenen Amtsbereich in nicht unerheblichem Umfang als Rechtsanwältin tätig war. Insbesondere genügte es laut BGH nicht, dass sie in diesem Zeitraum als Insolvenzverwalterin zahlreiche Mandate bearbeitet hatte. Dass die Insolvenzverwaltung zum Berufsbild des Rechtsanwalts gehöre, sei dabei nicht der entscheidende Gesichtspunkt. Maßgeblich sei vielmehr, dass die ausgeübte anwaltliche Tätigkeit hier nicht geeignet sei, das für das Notaramt nötige Erfahrungswissen im Umgang mit den Rechtsuchenden zu vermitteln.

Tätigkeit als Insolvenzverwalter nicht mit klassischer Anwaltstätigkeit vergleichbar

Um eine dem Willen der Beteiligten entsprechende - wirksame - Urkunde zu errichten, müsse der Notar das Anliegen der (künftigen) Urkundsbeteiligten erfassen und ihm - soweit zulässig - rechtliche Wirkung verleihen. Die Erforschung individueller Interessen und deren rechtskonforme Umsetzung seien ebenfalls Teil der anwaltlichen Beratung eines Mandanten. Nicht damit vergleichbar sei jedoch die Tätigkeit des Insolvenzverwalters. Das gelte auch dann, wenn dieser den Status eines Rechtsanwalts habe, bei dem das (Amts-)Interesse an der Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben im Vordergrund stehe. Eine in diesem Zusammenhang vorgenommene Beratung einzelner Beteiligter sei im Ergebnis den Zielen des Insolvenzverfahrens untergeordnet und stehe einer "klassischen" anwaltlichen Rechtsberatung nicht gleich.

Redaktion beck-aktuell, 16. November 2021.