Syndikuszulassung für Fallbetreuerin einer Haftpflichtversicherung

Unterstützt eine bei einer Versicherung angestellte Rechtsanwältin auch deren Kunden bei der Abwehr unberechtigter Forderungen, hindert das nicht die Zulassung als Syndikusrechtsanwältin. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass in diesem Fall die Interessenlagen der Versicherungsnehmer und ihrer Arbeitgeberin identisch sind und die anwaltliche Unabhängigkeit deshalb nicht gefährdet wird.

Juristin bei Haftpflichtversicherung angestellt

2016 beantragte die Rechtsanwältin die Zulassung als Syndikusrechtsanwältin, nachdem sie von einer Haftpflichtversicherung angestellt worden war. Unter anderem bestand ihre Tätigkeit darin, die Versicherungsnehmer bei der Abwehr unberechtigter Forderungen zu unterstützen. Sie wählte passende Rechtsanwälte aus, besprach mit ihnen die Verteidigungsstrategie und kontrollierte deren Schriftsätze. Die Rechtsanwaltskammer München verweigerte deshalb die Zulassung: Sie war der Ansicht, dass die Anwältin nicht nur für die Arbeitgeberin, sondern auch für deren Versicherungsnehmer tätig war und somit mehreren Herren diente. Der Anwaltsgerichtshof hob ihren Ablehnungsbescheid auf; dagegen wehrte sich die Rechtsanwaltskammer vor dem BGH – erfolglos.

Unterstützung der Versicherungsnehmer im Interesse der Arbeitgeberin

Die Zulassung als Syndikusrechtsanwältin ist nach § 46 Abs. 5 Satz 1 BRAO daran gebunden, dass sie allein in Rechtsangelegenheiten ihrer Arbeitgeberin tätig ist – also keine weiteren Mandanten betreut. Der Sinn dieser Beschränkung auf nur einen Auftraggeber liegt dem BGH zufolge darin, eine Gefährdung der anwaltlichen Unabhängigkeit durch das Einwirken fremder wirtschaftlicher Interessen zu verhindern. Der Anwaltssenat konnte hier aber keine widerstreitenden Interessen erkennen: Die Fallbetreuung lag sowohl im Interesse der Versicherung als auch deren Kunden, denn das Ziel war, die Einstandspflicht und damit den Schaden von der Arbeitgeberin abzuwenden.

Redaktion beck-aktuell, 8. Januar 2021.