Stuttgarter "Raser-Fall" rechtskräftig abgeschlossen
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Im Stuttgarter "Raser-Fall" sind die Eltern der Tatopfer mit ihrem Anliegen gescheitert, den Täter wegen Mordes verurteilt zu sehen. Die Beweiswürdigung des Landgerichts Stuttgart, mit der es einen Tötungsvorsatz verneint hatte, sei nicht zu beanstanden, so der Bundesgerichtshof. In dem nunmehr rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren beschäftigte er sich auch erstmals mit dem neu geschaffenen Straftatbestand des "Alleinrennens" in § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB.

LG verurteilte zu Jugendstrafe von fünf Jahren

Dem Angeklagten lag zur Last, mit seinem hochmotorisierten Fahrzeug mit Höchstgeschwindigkeiten durch die Stuttgarter Innenstadt gefahren zu sein, dabei einen schweren Verkehrsunfall und den Tod zweier unbeteiligter Verkehrsteilnehmer verursacht zu haben. Das LG Stuttgart verurteilte den zur Tatzeit 20 Jahre alten Angeklagten wegen verbotenen Kraftfahrzeugrennens mit Todesfolge und einem anderen Straßenverkehrsdelikt zu einer Jugendstrafe von fünf Jahren. Außerdem entzog es ihm für vier Jahre die Fahrerlaubnis. Eine Verurteilung wegen eines vorsätzlichen Tötungsdelikts lehnte das LG ab.

Mit 163 km/h in Stuttgarter Innenstadt unterwegs

Nach den Feststellungen des LG unternahm der Angeklagte im Lauf des 06.03.2019 mit einem von ihm gemieteten 550 PS starken Fahrzeug eine Vielzahl von Fahrten mit überhöhter Geschwindigkeit durch die Stuttgarter Innenstadt, die er oder seine ihn auf einigen Fahrten begleitenden Freunde und Bekannten teilweise mit dem Smartphone filmten und auf Kommunikationsplattformen hochluden. Kurz vor Mitternacht fuhr er mit maximaler Beschleunigung auf einer innerstädtischen Straße stadteinwärts durch eine für ihn unübersichtliche langgezogene Rechtskurve. Bei einer Geschwindigkeit von mindestens 163 km/h erkannte er, wie circa 100 Meter vor ihm ein ihm entgegenkommendes nach links abbiegendes Fahrzeug seine Fahrbahn kreuzte. Bei dem durch ihn sofort eingeleiteten Ausweichversuch verlor er die Kontrolle über sein Fahrzeug, raste über den sich an die Fahrbahn anschließenden Grünstreifen und prallte mit einer Geschwindigkeit von mindestens 90 km/h frontal in die Beifahrerseite eines in einer Parkplatzausfahrt stehenden Kleinwagens. Dessen beide Insassen erlitten schwerste Verletzungen, an denen sie noch an der Unfallstelle verstarben.

BGH: Verneinung eines Tötungsvorsatzes nicht rechtsfehlerhaft

Der BGH hat die Revisionen der Nebenkläger als unbegründet verworfen. Insbesondere vermochte er keinen revisionsrechtlich beachtlichen Rechtsfehler in der von den Nebenklägern angegriffenen Beweiswürdigung zu erkennen, mit der das LG einen bedingten Tötungsvorsatz des Angeklagten verneint hatte. Das LG habe seine entsprechende Überzeugung in Ansehung der Rechtsprechung des BGH zu hochriskantem Fahrverhalten im Straßenverkehr gebildet und seine Entscheidung ausführlich und tragfähig begründet.

Auch Verurteilung wegen verbotenen "Alleinrennens" rechtsfehlerfrei

Auch die auf die Revisionen der Nebenklage durch den BGH ebenfalls zu überprüfende Verurteilung des Angeklagten wegen verbotenen Kraftfahrzeugrennens mit Todesfolge gemäß § 315d Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 und 5 StGB war laut BGH nicht zu beanstanden. Er habe anhand dieses Falles erstmals Gelegenheit gehabt, Kriterien und Leitlinien zur - in Literatur und Rechtsprechung kontrovers diskutierten - Auslegung der Strafvorschrift des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB zu entwickeln. Hieran gemessen sei die Verurteilung des Angeklagten wegen der Durchführung eines verbotenen "Alleinrennens" rechtsfehlerfrei gewesen.

BGH, Beschluss vom 17.02.2021 - 4 StR 225/20

Redaktion beck-aktuell, 18. März 2021.