Streit um Nennung des Täters der Apollonia-Morde muss nochmal vor das OLG

Im Streit um die weitere namentliche Nennung des Täters der "Apollonia“-Morde nach 40 Jahren im Onlinearchiv des "Spiegel“ soll die Möglichkeit technischer Zugriffseinschränkungen geprüft werden. Zur Klärung dieser Fragen hat der Bundesgerichtshof den Fall an das Oberlandesgericht Hamburg zurückverwiesen.

Doppelmord auf Yacht

Hintergrund des Rechtsstreits war ein Doppelmord auf der Jacht "Apollonia“ auf hoher See im Jahr 1981. Aufgrund dieser Umstände erzeugte der Mord ein großes Medieninteresse. Der Täter wurde – zulässigerweise – in damaligen Meldungen namentlich genannt. Berichte des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" aus den Jahren 1982 und 1983 sind weiterhin online verfügbar. Der Betroffene wurde 2002 aus der Haft entlassen und verlangte, dass nicht mehr unter Nennung seines Familiennamens über ihn berichtet werde. Das Vorhalten frei verfügbarer früherer Berichte sei rechtswidrig.

BVerfG verweist zurück an den BGH

Nachdem der BGH in letzter Instanz 2012 die weitere identifizierende Berichterstattung für zulässig erachtet hatte, wurde diese Entscheidung 2019 durch den als "Recht auf Vergessen I“ bekannt gewordenen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts aufgehoben und an den BGH zurückverwiesen. Problematisch seien insbesondere die fehlende Würdigung der seit der Tat vergangenen Zeit und die unterbliebene Klärung der Frage, ob hier ein Ausgleich von Persönlichkeitsrecht und Informationsinteresse der Öffentlichkeit – abgestuft durch Einschränkung der Verfügbarkeit –  gefunden werden könne.

OLG soll Möglichkeit technischer Lösung prüfen

Der VI. Zivilsenat hat diese Ansätze in seiner Entscheidung vom 22.09.2020 aufgegriffen. Allerdings sei die gebotene Gesamtabwägung auf Grundlage der Feststellungen des OLG Hamburg nicht möglich, da bisher offen geblieben sei, ob zumutbar lediglich die Auffindbarkeit der Artikel eingeschränkt oder verhindert werden könne. Aus Sicht der Richter ist diese Frage entscheidend: "Die generelle Untersagung des weiteren Bereithaltens der Artikel zum Abruf im Onlinearchiv geht über das zur Wahrung der Rechte des Klägers Erforderliche hinaus, falls die Beklagte dessen Auffindbarkeit ausschließen oder (beispielsweise unter Berücksichtigung von Suchbegriffen) einschränken könnte.“ Dies müsse nunmehr das Hanseatische OLG klären.

BGH, Urteil vom 22.09.2020 - VI ZR 476/19

Redaktion beck-aktuell; Michael Dollmann, Mitglied der NJW- und beck-aktuell-Redaktion, 3. November 2020.