Weißer Rauch gegen Geldautomatensprengung
Drei Jugendliche und Heranwachsende ließen sich überreden, gegen Entlohnung einen Geldautomaten zu sprengen und die darin liegenden Scheine den Hintermännern zu überlassen. Mit einem von diesen zur Verfügung gestellten hochmotorisierten und präparierten Kraftfahrzeug sowie den notwendigen Utensilien begaben sich die Angeklagten am 25.05.2020 gegen 01.25 Uhr zur Bank. Unter anderem jeweils mit einem weißen Maleranzug, schwarzen Handschuhen und schwarzer Sturmhaube bekleidet, hebelten sie mit einem kleinen Kuhfuß das Bedienteil des Ausgabeautomaten auf. Durch die entstandene Öffnung leitete das Trio ein Gemisch aus brennbarem Gas und Sauerstoff ein. Dann verließ es das Gebäude, um die Explosion auszulösen. Das funktionierte aber nicht: In dem Automaten gab es ein Sicherungssystem, das den gesamten Vorraum der Bank mit blickdichtem weißen Rauch füllte. Dergestalt "blind" gaben die Täter auf und flohen. Einer von ihnen, der bereits in den Niederlanden vorbestraft war, wurde vom Landgericht Köln zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Sowohl dieser Jugendliche als auch die Staatsanwaltschaft empfanden die Strafe als unangemessen: Der Täter meinte, sie sei zu hoch. Und der Staatsanwalt wollte die Aussetzung zur Bewährung kippen. Beide legten erfolgreich Revision ein: Der Strafausspruch wurde aufgehoben und die Sache wurde an das Jugendschöffengericht am Amtsgericht zurückverwiesen.
Im Jugendstrafrecht gilt der Erziehungsgedanke
Der Bundesgerichtshof bemängelte zunächst, dass die Kölner Richter in der Strafzumessung allein Gesichtspunkte herangezogen hatten, die im Erwachsenenstrafrecht von Bedeutung sind. Nach § 18 Abs. 2 JGG sei die Dauer der Jugendstrafe aber in erster Linie am Erziehungsgedanken auszurichten. Die Urteilsgründe müssten außerdem erkennen lassen, dass die Erziehung des Täters im Vordergrund stehe. Es genüge nicht, nur formelhaft den Gesetzestext zu wiederholen. Der 2. Strafsenat gab aber auch der Staatsanwaltschaft Recht: Das Urteil hatte die niederländischen einschlägigen Vorstrafen des Jugendlichen entgegen § 21 Abs. 1 und 2 JGG unberücksichtigt gelassen. Dieser Erörterungsmangel verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 in verbindung mit Nr. 5 der Erwägungsgründe des Rahmenbeschlusses 2008/675/JI, wonach europäische Verurteilungen den innerstaatlichen gleichzustellen sind. Gerade im Hinblick auf die Persönlichkeitsentwicklung und den Erziehungsbedarf des Jugendlichen seien auch diese Vortaten ausführlich zu würdigen.