Angeklagte lässt versklavtes Mädchen verdursten
Die in Deutschland geborene und zum Islam konvertierte Angeklagte war nach den Feststellungen des OLG im Jahr 2014 nach Syrien gereist, zum IS konvertiert und hatte ein – mittlerweile rechtskräftig verurteiltes – IS-Mitglied geheiratet. Das Paar hielt im Irak eine gefangengenommene Jesidin und ihr Kleinkind als "Haussklavinnen". An einem Tag band der Mann der Angeklagten die Fünfjährige bei starker Hitze an das im Hof seines Hauses befindliche Außengitter eines Fensters, sodass sie direkter Sonneneinstrahlung ausgesetzt war und sich nicht mit den Beinen abstützen konnte. Die Angeklagte schritt nicht ein, auch als sie die Lebensgefahr erkannte. Das Mädchen verstarb an den Folgen des Fesselns und Aufhängens.
OLG verhängt zehnjährige Freiheitsstrafe
Das OLG hat die Angeklagte wegen verschiedener Gesetzesverstöße zu zwei Freiheitsstrafen von insgesamt zehn Jahren verurteilt. Für Verbrechen gegen die Menschlichkeit durch Versklavung mit Todesfolge gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 VStGB verhängte das OLG neun Jahre. Der Strafzumessung hat das OLG als höchste Sanktionsandrohung gemäß § 52 Abs. 2 StGB den Strafrahmen zugrunde gelegt, der für den minder schweren Fall des Verbrechens gegen die Menschlichkeit durch Versklavung mit Todesfolge gemäß § 7 Abs. 4 Alt. 1 VStGB gesetzlich vorgesehen ist. Dieses Urteil hob der BGH jetzt zum Teil auf.
BGH: OLG ist rechtsfehlerhaft von minder schwerem Fall ausgegangen
Die Annahme eines minder schweren Falls erweise sich als rechtsfehlerhaft. Zum einen habe das OLG die Straftatbestände, welche die Angeklagte zugleich mit dem Verbrechen gegen die Menschlichkeit durch Versklavung mit Todesfolge verwirklicht habe, als für die Strafrahmenwahl bedeutungslos befunden. Es habe somit verkannt, dass die Verletzung mehrerer Strafgesetze durch eine Tat grundsätzlich strafschärfend wirke.
Menschenverachtende Beweggründe und Ziele zu beachten
Zum anderen habe das OLG die menschenverachtenden Beweggründe und Ziele der Angeklagten unberücksichtigt gelassen hat, die sich nach den Urteilsfeststellungen aufdrängten. Gemäß § 46 Abs. 2 Satz 2 StGB sei eine solche Tatmotivation regelmäßig strafzumessungsrechtlich beachtlich. Menschenverachtend sei eine in der strafbaren Handlung zum Ausdruck gekommene Gesinnung des Täters, welche die vermeintliche Andersartigkeit einer Personengruppe als Rechtfertigung dazu missbraucht, Menschenrechte der Opfer zu negieren und ihre Menschenwürde zu verletzen, etwa im Fall von gegen die religiöse Orientierung gerichteten Handlungsmotiven oder -zwecken. So liege es hier. Die Angeklagte habe die Absicht der IS-Führungskräfte, die den Angriff auf die Jesiden der Sindschar-Region angeordnet hatten, gekannt und gebilligt, diese religiöse Gruppe als solche zu zerstören.