Sportbetrüger dürfen nicht Geschäftsführer werden
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Wer Geschäftsführer einer GmbH oder einer haftungsbeschränkten Unternehmergesellschaft – offizielle Abkürzung: „UG (haftungsbeschränkt)“ – werden will, darf keine Vorstrafen wegen bestimmter Delikte haben. Der Bundesgerichtshof hat nun entschieden: Das gilt auch für Betrügereien rund um den Sport. Damit ist ein Gesellschafter einer von ihm gegründeten UG mit dem Versuch gescheitert, sich im Handelsregister als deren Geschäftsführer eintragen zu lassen.

Einzeln und unvollständig aufgelistet

Der Geschäftsmann war raffiniert vorgegangen: In der vorgeschriebenen Versicherung gegenüber dem Registergericht, dass er nicht vorbestraft sei, hatte er die maßgeblichen Straftatbestände einzeln aufgelistet, aber dabei jene nicht mit aufgezählt, die Betrügereien im Sport betreffen. Dies sind § 265c StGB (Sportwettbetrug), § 265d StGB (Manipulation von berufssportlichen Wettbewerben) und § 265e StGB (Besonders schwere Fälle des Sportwettbetrugs und der Manipulation von berufssportlichen Wettbewerben). Wegen dieser Auslassung wurde ihm die Eintragung ins Handelsregister verweigert. Seine Beschwerden dagegen beim Amtsgericht Duisburg und dem Oberlandesgericht Düsseldorf blieben erfolglos.

"Statische Verweisung"?

In einem heute veröffentlichten Beschluss wies auch der II. Zivilsenat die Argumentation des Mannes zurück. Die lautete: § 6 Abs. 2 S. 2. Nr. 3 Buchst. b GmbHG schließe zwar Personen von der Geschäftsführung aus, die "nach den §§ 263 bis 264a oder den §§ 265b bis 266a des Strafgesetzbuchs zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr" verurteilt wurden. Doch habe der Bundestag die §§ 265c bis 265e StGB erst im Jahr 2017 mit dem 51. Strafrechtsänderungsgesetz eingeführt. Die Vorschrift im GmbHG hingegen sei älter und beziehe sich nur auf Delikte, die es damals schon gegeben habe – es handele sich also um eine "statische Verweisung". Denn maßgeblich sei der Zeitpunkt, zu dem dieses Gesetz im Jahr 2008 durch das "Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen" (MoMiG) reformiert worden sei – und damals habe der Gesetzgeber den vorgefundenen Strafrechtsbestand mangels einer ausdrücklichen Erweiterung festgeschrieben.

"Dynamische Verweisung"

Die Bundesrichter hingegen sehen darin eine "dynamische Verweisung". Die Frage sei in der Fachliteratur und der Rechtsprechung zwar umstritten, räumen sie ein. Doch der Wortlaut der Vorschrift im GmbHG sei eindeutig: Er schließe jene Sportdelikte mit ein. Eine teleologische Reduktion komme nicht in Betracht, weil keine "verdeckte Regelungslücke" vorliege. Dabei kommt es nach Ansicht des Senats nicht auf die "subjektiven Vorstellungen der im Gesetzgebungsverfahren tätigen Personen" an. Es möge zwar sein, dass bei der Verabschiedung des MoMiG "um jeden einzelnen Straftatbestand gerungen worden ist", zitieren sie den Rechtswissenschaftler Detlef Kleindiek. Doch seien die maßgeblichen Strafvorschriften nicht wie noch im Regierungsentwurf beabsichtigt einzeln aufgezählt worden und die Gesetzesmaterialien unergiebig – dort herrsche diesbezüglich "Schweigen".

Schutz von Sport und Vermögen zugleich

Vielmehr stützen sich die Karlsruher Zivilrichterinnen und -richter auf den Sinnzusammenhang der einschlägigen Normen. Aus der amtlichen Überschrift von § 265c StGB sowie der systematischen Stellung im StGB ergebe sich, dass durch die neuen Straftatbestände Betrugsunrecht sanktioniert werden soll. Der MoMiG-Gesetzgeber wiederum habe strafbewehrtes Betrugsunrecht umfassend in den "Amtsunfähigkeitskatalog" einbeziehen wollen. Zwar habe der Bundestag mit den Strafrechtsänderungen von 2017 die Integrität des Sports schützen wollen, doch der Vermögensschutz sei ein gleichberechtigter Gesetzeszweck gewesen. Damit sei ohne Weiteres vereinbar, dass das Handlungsunrecht der §§ 265c, 265d StGB durch die Manipulation des Wettbewerbs mittels korruptiver Absprachen zwischen Sportler oder Trainer und Vorteilsgeber geprägt sei.

Verhältnismäßige Einschränkung

Einen Verstoß gegen die Freiheit der Berufswahl (Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG) schließt der BGH gleichfalls aus: Der Eingriff sei angesichts des "mit dem Geschäftsführeramt verbundenen erheblichen Missbrauchspotentials" gerechtfertigt, schreibt er unter Hinweis auf die "Eignung des Geschäftsführers, fremdes Vermögen treuhänderisch und mithin uneigennützig zu verwalten". Dies werde durch eine rechtskräftige Verurteilung widerlegt. Ein verfassungsrechtliches wie auch lebenspraktisches Trostpflaster: "Die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs wird durch das Erfordernis der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr und die zeitliche Begrenzung der Amtsunfähigkeit auf fünf Jahre gewahrt."

BGH, Beschluss vom 28.06.2022 - II ZB 8/22

Redaktion beck-aktuell, Prof. Dr. Joachim Jahn ist Mitglied der NJW-Schriftleitung, 9. August 2022.