Ein Titel, der den Schuldner verpflichtet, Zutritt zu einer Stromabnahmestelle zu gewähren und deren Sperrung durch Wegnahme des Zählers zu dulden, kann durch einen Gerichtsvollzieher vollstreckt werden. Dabei reicht es laut Bundesgerichtshof aus, dass der Gläubiger behauptet, eine Widerstandshandlung stehe bevor. Die Vollstreckung setze aber voraus, dass der Schuldner zumindest Mitgewahrsam an dem Raum habe – andernfalls richte sich die Zwangsvollstreckung nicht gegen ihn.
Mieter hatte keinen Schlüssel für Kellerraum
Ein Energieversorger betrieb gegen einen Mieter die Zwangsvollstreckung aus einem Versäumnisurteil. Darin wurde er verurteilt, dem Netzbetreiber Zutritt zur Stromabnahmestelle zu gewähren und deren Sperrung durch Wegnahme des Zählers zu dulden. Das Unternehmen beauftragte einen Gerichtsvollzieher. Dieser musste die Zwangsvollstreckung jedoch einstellen, weil der Mann vorgab, weder Mitgewahrsam an dem Raum noch Zutritt dazu zu haben. Der Versorger legte Erinnerung ein und verwies auf einen gesetzlichen Zutrittsanspruch des Schuldners zum Gemeinschaftszählerraum des Mehrfamilienhauses. Der Beamte folgte dem nicht, da ihm die Vollstreckung nicht möglich gewesen sei. Das Rechtsmittel dagegen scheiterte sowohl beim AG Eberswalde als auch beim LG Frankfurt (Oder), da der Vollstreckungsauftrag mangels Angaben zum Standort des wegzunehmenden Stromzählers zu unbestimmt sei. Dagegen legte das Unternehmen Rechtsbeschwerde beim BGH ein – ohne Erfolg.
Mitgewahrsam ist entscheidend
Aus dessen Sicht hat der Gerichtsvollzieher die Zwangsvollstreckung gegen den Bewohner zu Recht eingestellt, weil der Stromversorger dessen erforderlichen (Mit-)Gewahrsam an dem verschlossenen Kellerraum nicht einmal behauptet hat. Für eine Hinzuziehung des Gerichtsvollziehers nach
§ 892 ZPO reiche es zwar aus, wenn der Gläubiger behauptet, eine dem Schuldner zurechenbare Widerstandshandlung stehe bevor. Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts habe das Unternehmen diese Behauptung allerdings nicht durch die Angabe des Zählerstandorts konkretisieren müssen. Soweit ein Duldungstitel den Schuldner auch dazu verpflichtet, Zutritt zu einem Raum zu gewähren, ist den Karlsruher Richtern zufolge erforderlich, dass der Schuldner zumindest Mitgewahrsam an diesem Raum habe. Da der Mieter keinen Schlüssel gehabt habe, sei der Gerichtsvollzieher nicht befugt gewesen, den verschlossenen Raum zwangsweise zu öffnen.
BGH, Beschluss vom 17.06.2021 - I ZB 68/20
Redaktion beck-aktuell, 10. August 2021.
Weiterführende Links
Aus der Datenbank beck-online
AG Kaiserslautern, Zwangsöffnung bei Zählersperrung ist durch Dritte zu dulden, DGVZ 2016, 109
Kannowski/Keil, Wohnungsöffnung und Widerstand des Schuldners beim Ausbau von Energiezählern: Ein Fall der Duldungsvollstreckung? DGVZ 2008, 109