Sorgfaltspflichten beim Umgang mit dem beA
© Ingo Bartussek / stock.adobe.com

Mit zwei aktuellen Beschlüssen hat der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs Rechtsanwälte an ihre Sorgfaltspflichten im Umgang mit dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach (beA) erinnert. Dabei hat er entschieden, dass eine Erkrankung des Anwalts keine technische Störung des beA ist und die Eingangsbestätigung des Gerichts überprüft werden muss.

Unzulässige Berufungen

In beiden Fällen hatten Oberlandesgerichte eingelegte Berufungen wegen verfristeter Begründungen verworfen und Wiedereinsetzungsanträge abgelehnt.  Auch die Rechtsbeschwerden hatten vor dem BGH keinen Erfolg.

In der vom OLG Köln entschiedenen Sache war Ende Mai 2021 ordnungsgemäß Berufung gegen ein Urteil des dortigen Landgerichts vom Anfang des Monats eingelegt worden. Eine Begründung erfolgte nicht. Auf Hinweis des Gerichts wurde Wiedereinsetzung beantragt:  Am 01.07.2023 sei ein Fristverlängerungsantrag vom Anwalt qualifiziert elektronisch signiert und einer Mitarbeiterin zur Versendung über das beA weitergeleitet worden. Gemeinsam mit Gesuchen in anderen Verfahren habe sie dies veranlasst. Im Nachhinein habe sich herausgestellt, dass der Schriftsatz nicht übermittelt worden war. Es gebe eine allgemeine Anweisung, die Eingangsbestätigung nach § 130a Abs. 5 Satz 2 ZPO zu prüfen (Beschluss vom 11.01.2023, Az.: IV ZB 23/21).

Eine etwas andere Konstellation beschäftigte das Kammergericht. Dort hatte ein Einzelanwalt noch 2021 – vor Beginn der aktiven Nutzungspflicht – Berufung gegen ein Urteil des LG Berlin eingelegt, wobei die verlängerte Begründungsfrist auf den 04.01.2022 fiel. Am Nachmittag dieses Tages schickte er die Berufungsbegründung per Fax an das Gericht: Zu dieser Zeit habe er sich nach seinem Urlaub in Österreich wegen einer Infektion mit Corona in häuslicher Quarantäne befunden. Das beA sei lediglich in der Kanzlei vorhanden gewesen und sein Bürogemeinschaftskollege sei im Vertrauen auf seine Rückkehr selbst in Urlaub gefahren. Deshalb habe er den Schriftsatz aus "technischen Gründen" nur per Fax versenden können (Az.: IV ZB 7/22).

Notwendige Vorkehrungen

Der IV. Zivilsenat erteilte der Gleichsetzung technischer Gründe im Sinne des § 130d Satz 2 ZPO mit Problemen, die in der Person des Anwalts liegen, eine klare Absage. Der Gesetzgeber habe lediglich bei Ausfällen der elektronischen Infrastruktur alternative Übertragungswege zulassen wollen. Im Übrigen könne der Jurist sich nicht darauf berufen, dass sein Bürokollege im Urlaub gewesen sei: Nach dem Auftreten von Symptomen am Neujahrstag sei noch ausreichend Zeit gewesen, um einen anderen Vertreter zu finden oder die Gegenseite um Zustimmung zu einer weiteren Fristverlängerung zu bitten.

Die Karlsruher Richter vermissten auch im ersten Fall notwendige Vorkehrungen zur Vermeidung von Fristversäumnissen. So sei zwar eine Anweisung erteilt worden, die Eingangsbestätigung im beA zu prüfen. Nicht erkennbar sei aber, dass den Mitarbeitern erklärt worden sei, was sie konkret hätten tun sollen. Der BGH hat betont, dass Vorgaben zum Fundort und zum Inhalt der Eingangsbestätigung in der Software gemacht werden müssen. 

BGH, Beschluss vom 25.01.2023 - IV ZB 7/22

Redaktion beck-aktuell, 15. Februar 2023.