Reichweite der Zulassung des Medikaments "Sinupret"

Das pflanzliche "Schnupfenmittel“ Sinupret darf nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht als "entzündungshemmend“ und "antiviral“ beworben werden. Tests mit Rattenpfoten und an Mäusen ersetzten keine Studien an Menschen. Da diese bei Schaltung der Werbung noch nicht durchgeführt worden seien, habe es den Werbeaussagen an einer wissenschaftlichen Grundlage gefehlt.

Von Menschen und Mäusen

Ein Branchenverein störte sich an einer Werbung für das gängige Arzneimittel Sinupret extract. In der Fachzeitschrift "PTAheute" war das Mittel im Dezember 2017 vom Hersteller mit der Aussage beworben worden, es wirke entzündungshemmend. Außerdem: "Die hochkonzentrierte 5-Pflanzen Kombination wirkt auch antiviral." Die Zulassung hatte das apotheken-, aber nicht rezeptpflichtige Medikament zur Einnahme "bei akuten, unkomplizierten Entzündungen der Nasennebenhöhlen" erhalten. Klinisch belegt war eine Wirksamkeit gegen typische Erkältungssymptome. Tierversuche hatten zusätzlich gezeigt, dass mehr Mäuse eine Infektion mit Parainfluenzaviren (Grippeähnlicher Virus) überlebten und Entzündungen an Rattenpfoten zurückgingen. Auf dieser Basis hielt der Verein die Werbung für irreführend. Das LG Nürnberg-Fürth und das OLG Nürnberg gaben der Klage statt: Es liege derzeit kein wissenschaftlicher Beweis für die Wirksamkeit beim Menschen vor. 

"Bei" ist nicht "gegen"

Der BGH wies am 05.11.2020 auch die Revision des Arzneimittelproduzenten zurück. Nach § 3 Satz 1 HWG setze Werbung für Arzneimittel voraus, dass die therapeutische Wirkung belegt sei. Die Zulassung für das Anwendungsgebiet reicht hierfür aus Sicht der Bundesrichter nicht aus: Die Erlaubnis das Mittel "bei" Behandlung einer Nebenhöhlenentzündung einzusetzen, bedeute nicht automatisch, dass die Arznei auch "gegen" die Erkrankung an sich helfen müsse. Hier spreche die Fachinformation ausdrücklich davon, dass die Erkenntnisse aus den Tierversuchen bislang nicht durch klinische Tests an Patienten überprüft worden seien. Die Werbung entsprach damit, so der BGH, zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung nicht dem Stand der Wissenschaft. Daran könne auch ein nachträglicher Beweis nichts mehr ändern, so dass zu Recht kein Sachverständigengutachten eingeholt worden sei.

BGH, Urteil vom 05.11.2020 - I ZR 204/19

Redaktion beck-aktuell, 25. Januar 2021.