Autofahrt zu Arbeitsstätte endete an Baum
Ein Ehepaar fuhr morgens gemeinsam zur Arbeit. Während die Frau friedlich vor sich hin döste, drückte der Fahrer plötzlich das Gaspedal herunter und lenkte den Wagen absichtlich mit fast 100 km/h gegen einen dickeren Baum. Zwei Wochen zuvor hatte ihm seine Frau eröffnet, dass sie sich von ihm trennen werde und bereits einen anderen Partner habe. Durch den Aufprall erlitt die Frau zahlreiche schwere Verletzungen, die ihre dauernde Erwerbsunfähigkeit und eine Schwerbehinderung von 80% zur Folge hatten. Die Frau konnte schmerzbedingt – trotz hoher Schmerzmedikation – nicht länger als zehn Minuten am Stück stehen und nicht länger als eine Stunde sitzen. Die Gutachter konnten den weiteren Heilungsverlauf der depressiven Geschädigten nicht prognostizieren. Das Landgericht verurteilte den Mann wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und vorsätzlichem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren. Sowohl der Angeklagte als auch die Staatsanwaltschaft legten Revision zum BGH ein – die Ankläger mit Erfolg.
"Unheilbarkeit" nicht notwendig
Die Staatsanwaltschaft habe zu Recht Revision eingelegt und insbesondere gerügt, dass der Mann nicht auch (tateinheitlich) wegen einer schweren Körperverletzung nach § 226 Abs. 1 Nr. 3 StGB verurteilt worden war, so der BGH. "Siechtum" im Sinne dieser Vorschrift ist dem 4. Strafsenat zufolge ein chronischer Krankheitszustand, der den Gesamtorganismus in Mitleidenschaft zieht, ein Schwinden der körperlichen und geistigen Kräfte sowie allgemeine Hinfälligkeit zur Folge hat. Der Grad der Behinderung, die Schmerzen trotz der Einnahme von Schmerzmitteln, die Depressionen und der Bezug von Pflegegeld erfüllen nach Ansicht der Karlsruher Richter den Tatbestand. Dass zum Zeitpunkt der Verurteilung die Heilung nicht ausgeschlossen war, sei nicht hinderlich, solange die schwere Folge von längerer Dauer sei. Das LG habe auch zu prüfen, ob der Mann nach § 226 Abs. 2 StGB diese schwere Folge absichtlich oder wissentlich herbeigeführt habe.