Schwarzwälder Schinken muss nicht im Schwarzwald geschnitten sein

Schwarzwälder Schinken darf auch dann Schwarzwälder Schinken heißen, wenn er nicht im Schwarzwald geschnitten und verpackt wurde. Das geht aus einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs in einem jahrelangen Rechtsstreit hervor, mit der das Gericht eine Rechtsbeschwerde des Schutzverbandes der Schwarzwälder Schinkenhersteller zurückgewiesen hat.

Aufschneiden und Verpacken sollte nur im Schwarzwald erfolgen dürfen

Bei der Bezeichnung "Schwarzwälder Schinken" handelt es sich seit 1997 um eine geschützte geografische Angabe. 2005 beantragte der Schutzverband der Schwarzwälder Schinkenhersteller eine Änderung der Spezifikation. Denn der Schinken wird immer seltener im Stück vertrieben, viele Kunden kaufen ihn inzwischen in Scheiben. Der Verband wollte daher erreichen, dass in der Spezifikation geregelt wird, dass das gewerbliche Aufschneiden und Verpacken nur im Schwarzwald erfolgen darf. Ausnahmen sollte es für Geschäfte, Gaststätten und Caterer geben. Dagegen wurden mehrere Einsprüche eingelegt, unter anderem von einem Hersteller, der seinen Schinken im Schwarzwald produziert, aber in Niedersachsen aufschneidet und verpackt.

BPatG: Schwarzwälder Schinken muss nicht im Schwarzwald geschnitten werden

Der Streit beschäftigte mehrfach das Bundespatentgericht und 2018 auch den Europäischen Gerichtshof. Der EuGH entschied, dass die Beschränkung nur gerechtfertigt ist, wenn sie "ein erforderliches und verhältnismäßiges Mittel darstellt, um die Qualität des Erzeugnisses zu wahren oder dessen Ursprung oder die Kontrolle der Spezifikation für die geschützte geografische Angabe zu gewährleisten" (BeckRS 2018, 32745). Ob das auf den Schwarzwälder Schinken zutrifft, sollten deutsche Gerichte klären. Daraufhin entschied das BPatG 2019, dass der Schwarzwälder Schinken nicht im Schwarzwald geschnitten werden muss und wies eine Beschwerde des Schutzverbandes zurück (BeckRS 2019, 23864). Dagegen legte dieser Rechtsbeschwerde zum BGH ein.

BGH bestätigt BPatG: Verarbeitung außerhalb des Erzeugungsgebiets kein Qualitätsrisiko

Die Rechtbeschwerde hatte keinen Erfolg. Der BGH hat den Beschluss des BPatG bestätigt. Die  beantragte Änderung der Spezifikation sei insbesondere weder unter dem Gesichtspunkt der Qualitätssicherung noch dem der Kontrolleffizienz gerechtfertigt. Das Erfordernis der Aufmachung im Erzeugungsgebiet zur Qualitätswahrung müsse produktspezifisch gerechtfertigt sein. Eine produktspezifische Rechtfertigung liege nur vor, wenn das Erzeugnis bei einer Verarbeitung außerhalb des Erzeugungsgebiets im Vergleich zu anderen vergleichbaren Erzeugnissen erhöhten Risiken ausgesetzt sei, denen mit den vorgesehenen Maßnahmen wirksam begegnet werden könne. Es könne aber auch außerhalb des Erzeugungsgebiets ohne höhere Risiken für die Qualität geschnitten und verpackt werden. Ebenso könne anderswo genauso kontrolliert werden, dass die Scheiben maximal 1,3 Millimeter dick sind und die Schneideanlage korrekt gereinigt wird. Produktspezifisches Fachwissen sei nicht erforderlich.

BGH, Beschluss vom 03.09.2020 - I ZB 72/19

Redaktion beck-aktuell, 16. Februar 2021 (ergänzt durch Material der dpa).