Schuldspruch bei Alternativvorsatz
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Soll ein Schlag entweder die eine oder die andere Person treffen, wird der Täter wegen zweier Taten verurteilt: Nur hierdurch werde seine Schuld richtig abgebildet, hat der Bundesgerichtshof erstmalig am 14.01.2021 entschieden. Der Alternativvorsatz sei bei der Strafzumessung zu berücksichtigen.  

Ein Schlag mit dem Hammer

Ein Mann schlug mit einem Hammer in die Richtung einer Frau, deren Bruder direkt hinter ihr stand. Nach den Feststellungen des Landgerichts Frankenthal hielt er es für möglich, dass der Hammer entweder die Frau oder den Mann treffen würde. Die Geschwister konnten den Schlag soweit ablenken, dass er den Bruder traf und nur leicht verletzte. Das Gericht verurteilte den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung zum Nachteil des Bruders in Tateinheit mit einer versuchten gefährlichen Körperverletzung zum Nachteil der Frau. Der Täter legte Revision vor dem BGH ein – teilweise erfolgreich.

Zwei Vorsätze, die einander ausschließen (Alternativvorsatz)

Der Angeklagte schloss laut BGH zwar aus, beide Personen mit dem Hammer zu treffen; er billigte aber die Verletzung zweier Personen. Sein Vorsatz sei sowohl auf die eine als auch auf die andere Person gerichtet gewesen und habe damit doppelt gegen die §§ 223, 224 StGB verstoßen. Der Angeklagte hat dem 4. Strafsenat zufolge mehr Schuld auf sich geladen als jemand, der nur einen einfachen Vorsatz fasst. Diese Schuld werde nur mit der tateinheitlichen Verurteilung einer vollendeten gefährlichen Körperverletzung an dem Bruder und einer versuchten gefährlichen Körperverletzung zum Nachteil der Frau vollständig abgebildet. Erst in der Strafzumessung sei dann zu berücksichtigen, dass der zweite Vorsatz nicht verwirklicht werden konnte (ähnlich wie beim untauglichen Versuch), so die Karlsruher Richter.

Verbindung eines Strafbefehlsverfahrens zum LG

Das LG Frankenthal hatte das Verfahren mit einem Strafbefehlsverfahren des Angeklagten verbunden. Danach nahm der Mann seinen Einspruch gegen den Strafbefehl zurück und das Gericht bildete eine nachträgliche Gesamtstrafe nach § 55 StGB. Der BGH stellte klar: Die Verbindung hat nach § 5 StPO zwingend zur Folge, dass der Einspruch nicht mehr zurückgenommen werden kann, weil die Regeln für das landgerichtliche Verfahren gelten. Zwar verliere der Angeklagte damit sein Recht nach § 411 Abs. 3 Satz 1 StPO, den Einspruch noch bis zur Urteilsverkündung zurückzunehmen. Diesem Nachteil werde aber durch eine Anhörung vor der Verbindung begegnet: Er könne seinen Einspruch noch rechtzeitig zurücknehmen. Der Strafausspruch habe deshalb aufgehoben werden müssen.  

BGH, Urteil vom 14.01.2021 - 4 StR 95/20

Redaktion beck-aktuell, 27. Januar 2021.