Schonfristzahlung auf Mietschulden hindert ordentliche Kündigung nicht

Eine vom Jobcenter vorgenommene Schonfristzahlung auf Mietschulden lässt das Widerspruchsrecht des Mieters gegen die ordentliche Kündigung nicht wiederaufleben. Ein dabei ergangenes Teilurteil gegen einen von mehreren Mietern ist unzulässig, da es zu widersprechenden Entscheidungen kommen kann. Das hat der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs mit Urteil vom 01.07.2020 entschieden.

Unzumutbare Härte

Die Parteien stritten über die Herausgabe und Räumung einer Zweieinhalbzimmerwohnung in Berlin. Die Vermieter hatten einer von mehreren Mietern die Bleibe wegen rückständiger Miete fristlos und ordentlich gekündigt. Wegen des Zahlungsrückstands erhoben sie in einem Vorprozess gegen die Mieterin eine Zahlungsklage, der das Amtsgericht stattgab. Daraufhin erhoben die Vermieter Räumungsklage gegen die Frau. In der Wohnung lebten neben ihr und ihrem Partner noch deren gemeinsame Kinder in der Wohnung, die beide an Entwicklungsauffälligkeiten litten. Die Mieterin gab unter Berufung auf das Widerspruchsrecht aus § 574 BGB zu Bedenken, dass der Umzug für sie eine unzumutbare Härte darstelle. Sie nannte als Gründe die lange Wohndauer, die Verwurzelung, den fehlenden Ersatzwohnraum sowie Rücksichtnahme auf die Kinder. Das Jobcenter hatte inzwischen sämtliche Mietrückstände innerhalb der Frist des § 569 Abs. 3 Satz 2 BGB von zwei Monaten nach Zustellung der Räumungsklage beglichen.

Räumungsklage gegen die Mieter

Das AG Berlin-Charlottenburg gab der Klage statt. Im Berufungsverfahren vor dem LG Berlin hatten die Vermieter ihre Räumungsklage nun auch auf den Lebensgefährten erweitert. Die Berufung der Mieterin hatte Erfolg. Das Landgericht wies die Räumungsklage durch Teilurteil bezüglich der Frau ab: Das Mietverhältnis verlängere sich nach §§ 574, 574a BGB infolge einer nicht zu rechtfertigenden Härte auf unbestimmte Zeit. Die Sperre des § 574 Abs. 1 Satz 2 BGB für den Widerspruch gegen die ordentliche Kündigung bei gleichzeitig möglicher fristloser Kündigung sei hier durch die rechtzeitige Zahlung des Jobcenters entfallen.

BGH: Kein neues Widerspruchsrecht

Der BGH verwies die Sache an das LG zurück. Der Widerspruch sei ausgeschlossen gewesen, da ein Zahlungsverzug in einer die Kündigung rechtfertigenden beziehungsweise diese Grenze sogar deutlich übersteigenden Höhe vorgelegen habe. Das Widerspruchsrecht des Mieters nach § 574 BGB lebe nicht wieder auf. Die Schonfristzahlung des Sozialhilfeträgers ändere daran nichts. Entscheidend war aus Sicht des Senats, dass bei Ausspruch der ordentlichen Kündigung Gründe für eine fristlose Vertragsauflösung bestanden hatten. Spätere Entwicklungen seien nicht maßgeblich.

Teilurteil hätte nicht ergehen dürfen

Aus Sicht der Karlsruher Richter hat das Berufungsgericht zudem ein unzulässiges Teilurteil bezüglich der Mieterin erlassen. Der Senat wirft dem LG vor, die materiell-rechtliche Verzahnung der Räumungsansprüche der Vermieter gegen beide Mieter verkannt zu haben. Nach der gefestigten Rechtsprechung des BGH dürften Teilurteile bei mehreren Streitgenossen nicht ergehen. Ansonsten bestehe die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen.

BGH, Urteil vom 01.07.2020 - VIII ZR 323/18

Redaktion beck-aktuell, 27. Juli 2020.