Scheinwaffe keine Begründung für minder schweren Fall einer räuberischen Erpressung
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Der minder schwere Fall einer räuberischen Erpressung darf laut Bundesgerichtshof nicht damit begründet werden, dass der Täter die Geschädigten mit einer untauglichen Schreckschusspistole bedroht hat. Die Verwendung einer Scheinwaffe sei vom Gesetzgeber bereits anderweitig berücksichtigt worden, so dass die Begründung des minder schweren Falls mit diesem Umstand gegen den Willen des Gesetzgebers verstieße.

Freier anlocken und abzocken

Ein Pärchen mit Geldsorgen kam auf die Idee, die Frau auf einem Internetportal als Prostituierte auszugeben, die Freier an einen entlegenen Ort zu locken und ihnen dort unter Vorhalten einer gebrauchsuntauglichen Schreckschusspistole das vereinbarte Entgelt ohne Leistung abzunehmen. Zwei Betroffene flüchteten ohne Geldübergabe, weil sie annahmen oder "ahnten", dass die Waffe unecht war. Einer, dem die Waffe an die Stirn gehalten wurde, behauptete, er habe kein Geld bei sich. Daraufhin fuhr der Täter mit ihm zur Sparkasse, wo der Geschädigte aus "Angst um sein Leben" 400 Euro abhob und aushändigte. In drei weiteren Fällen händigten die Freier angesichts der echt aussehenden Waffe das verlangte Geld aus, davon wurde einem die Pistole gegen den Hinterkopf gedrückt. Insgesamt erbeuteten die beiden innerhalb knapp eines Monats 1.115 Euro. Das Landgericht Gießen verurteilte den Mann zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, die es zur Bewährung aussetzte. Dabei stufte es fünf Fälle als minderschwere Fälle der schweren räuberischen Erpressung ein, bzw. einen Fall als minderschweren Fall des erpresserischen Menschenraubs. Dies stützte es unter anderem auf die Verwendung einer Scheinwaffe. Dagegen erhob die Staatsanwaltschaft Revision, weil sie diese Strafe als zu niedrig empfand. Der Bundesgerichtshof hob den Straffolgenausspruch auf und verwies die Sache zur erneuten Strafzumessung zurück.

Kein minder schwerer Fall wegen Scheinwaffe

Der 2. Strafsenat wies darauf hin, dass die Nutzung der ungefährlichen Schreckschusspistole bereits Tatbestandsmerkmal des § 250 Abs. 1 Nr. 1b StGB (schwerer Raub) ist, der mit einer Mindestfreiheitsstrafe von drei Jahren bewehrt ist. Das sei bereits eine Milderung gegenüber den Taten nach § 250 Abs. 2 StGB, bei denen die Verwendung einer echten Waffe mit einer Mindestfreiheitsstrafe von fünf Jahren bedroht ist. In diesem Fall sei es unzulässig, die untaugliche Pistole für die Bewertung als minder schweren Fall nach § 250 Abs. 3 StGB heranzuziehen, weil es dem Willen des Gesetzgebers widerspreche. Ein solches gilt den Karlsruher Richtern umso mehr, als der Täter die Schreckschusswaffe nicht nur mit sich führte, sondern sie sogar zur Bedrohung verwendete, was an und für sich strafschärfend berücksichtigt werden kann.

BGH, Urteil vom 20.07.2022 - 2 StR 34/22

Redaktion beck-aktuell, 6. September 2022.

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