Schadensersatz trotz unentgeltlicher Lizenzierung des "Öko-Test-Siegels"

Die Verwendung eines Testlogos zur Bewerbung eines Produkts ist unlauter, wenn für die getestete Produktgruppe ein neuerer Test mit veränderten Prüfkriterien vorliegt. Laut Bundesgerichtshof kann der Markeninhaber seinen Schaden aber nicht nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie berechnen, wenn er ausschließlich unentgeltliche Lizenzen an der verletzten Marke erteilt. Dieser könne jedoch mit Hilfe des Verletzergewinns berechnet werden.

Werbung mit dem "Öko-Test"-Logo

Die Herausgeberin des Magazins "Öko-Test" verklagte eine Zahncreme-Herstellerin unter anderem auf Schadensersatz wegen Verletzung von Markenrechten durch Werbung mit dem Öko-Test-Siegel. Sie ist Inhaberin einer 2012 eingetragenen Unionsmarke, die das Test-Logo wiedergibt. 2005 gestattete sie der Firma die von ihr getesteten Produkte unter Verwendung des "Öko-Test"-Zeichens zu bewerben. Beide hatten einen unentgeltlichen Lizenzvertrag abschlossen. 2007 überarbeitete das Verbrauchermagazin das Label, ein Jahr später veröffentlichte es einen neuen Test für Zahncremes mit veränderten Prüfkriterien, die zu veränderten Ergebnissen führten. Die Zahncreme der Händlerin wurde nicht in den Test einbezogen. Diese bewarb 2014 ihre Ware mit dem Testergebnis "sehr gut" und der Fundstelle "Jahrbuch Kosmetik 2005". Während das LG Düsseldorf der Klage stattgab, scheiterte sie beim dortigen OLG. Dem Verlag sei nach keiner der möglichen Berechnungsmethoden ein Schaden entstanden, so die Begründung. Der EuGH hatte zuvor in einem Vorabentscheidungsersuchen über die Auslegung von Art. 9 VO (EG) Nr. 207/2009 und von Art. 5 RL 2008/95/EG entschieden (GRUR 2019, 621). Die Revision der Klägerin beim BGH hatte Erfolg.

Anspruch auf Herausgabe des Verletzergewinns

Dem I. Zivilsenat zufolge steht dem Verbrauchermagazin ein Anspruch auf Schadensersatz wegen des Vertriebs der mit dem "Öko-Test"-Zeichen versehenen und nach dem 31.08.2012 in Verkehr gebrachten Zahncremeprodukte zu (Art. 101 Abs. 2 GMV, § 125b Nr. 2 MarkenG aF, § 14 Abs. 6 MarkenG). Zwar könne es seinen Schaden nicht nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie berechnen, da es der Beklagten ausschließlich unentgeltliche Lizenzen an der verletzten Marke erteilt habe. Jedoch könne die Herausgeberin ihren Schaden anhand des Gewinns berechnen, den die Händlerin aufgrund des Vertriebs von nach dem 31.08.2012 in Verkehr gebrachten Zahncremeprodukten mit dem streitgegenständlichen "Öko-Test"-Zeichen erzielt habe. Dadurch ließe sich der wirtschaftliche Wert des verletzten Rechts in Form verbesserter Marktchancen abbilden - es sei unbillig dem Verletzer den Gewinn aus einer Markenverletzung zu belassen. Hierzu sei die Beklagte verpflichtet, Auskunft über insoweit erzielten Umsatz und Gewinn zu erteilen. Ohne Bedeutung sei, dass die Klägerin das "Öko-Test"-Zeichen nicht selbst kommerziell verwertet habe.

BGH, Urteil vom 16.12.2021 - I ZR 201/20

Redaktion beck-aktuell, 13. Januar 2022.