Schadenersatzanspruch für nicht mehr erforderliches Abschlussschreiben

Der Schuldner einer einstweiligen Verfügung muss den Gläubiger über seinen Entschluss zur Erhebung eines Widerspruchs aufklären – spätestens mit Ablauf der für diesen regelmäßig einschlägigen zweiwöchigen Wartefrist vor der Versendung eines Abschlussschreibens. Verursacht der unterlassene Hinweis Kosten für ein nicht mehr erforderliches Abschlussschreiben, kann dies laut Bundesgerichtshof eine Schadenersatzpflicht auslösen.

Streit über Zeitpunkt der Kenntnis des Widerspruchs

Eine Wettbewerberin verklagte eine Konkurrentin auf Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten für ein Abmahnschreiben (750 Euro) sowie für ein Abschlussschreiben (1.823 Euro). Sie hatte beim Landgericht Wuppertal eine einstweilige Verfügung auf Unterlassung von fünf Wettbewerbsverstößen erwirkt. Dagegen erhob die Beklagte am 17.08.2018, dem Tag des Ablaufs der zweiwöchigen Wartefrist, Widerspruch. Am 24.09.2018 ordnete die Vorsitzende Richterin an, der Klägerin eine Abschrift zu schicken. Die Geschäftsstelle vermerkte am 04.10.2018 die Erledigung dieser Verfügung. Das Schreiben wurde bei ihrem Anwalt mit Eingangsstempel vom 09.10.2018 versehen – an diesem Tag habe man Kenntnis vom Widerspruch erhalten. Die Abgemahnte behauptete, dies sei bereits am 26.09.2018 erfolgt. Das LG bestätigte die einstweilige Verfügung durch Urteil, die Beklagte nahm die Berufung zurück.

OLG: Erstattungsanspruch besteht nicht als Schadenersatzanspruch

Das LG Wuppertal gab der Erstattungsklage statt. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hingegen sprach der Klägerin lediglich einen Anspruch auf Freistellung von den außergerichtlichen Anwaltskosten für die Abmahnung zu und wies die Klage im Übrigen ab. Ein Aufwendungsersatzanspruch für das Abschlussschreiben stehe ihr nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag nicht zu. Es könne dahinstehen, ob sie schon Kenntnis von dem Widerspruch gehabt habe. Denn das Abschlussschreiben habe im Zeitpunkt von Abgabe und Zugang bei der Beklagten auch nicht deren Willen entsprochen. Dessen Kosten seien zudem nicht vom Schutzzweck des Schadenersatzanspruchs erfasst. Die Revision der Klägerin beim BGH hatte Erfolg.

BGH sieht Aufklärungspflicht verletzt

Der I. Zivilsenat verwies die Sache ans OLG zurück. Mit dessen Begründung könne ein Schadenersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte aus §§ 280 Abs. 1241 Abs. 2 BGB wegen Verletzung einer Aufklärungspflicht nicht verneint werden. Mit Ablauf der Wartefrist hätte die Schuldnerin der Gläubigerin mitteilen müssen, dass sie sich zur Erhebung eines Widerspruchs entschlossen oder sogar schon Widerspruch erhoben habe. Dabei dürfe sie sich insbesondere nicht darauf verlassen, dass das Gericht der Gläubigerin den Widerspruch zur Kenntnis bringe. Die damit einhergehende Verzögerung hätte sie vermeiden können, indem sie der Gläubigerin ihren Schriftsatz von Anwalt zu Anwalt zustellt oder vorab zur Kenntnis übermittelt. Verursache das nicht erforderliche Abschlussschreiben wie hier Kosten, könne das einen Schadenersatzanspruch nach §§ 280 Abs. 1241 Abs. 2 BGB auslösen. Es obliege der Beklagten, im weiteren Verfahren vorzutragen, sie habe ihre Aufklärungspflicht erfüllt oder eine Pflichtverletzung nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht zu vertreten.

BGH, Urteil vom 09.02.2023 - I ZR 61/22

Redaktion beck-aktuell, 17. Mai 2023.