Betreuung für den aufmüpfigen Bruder
Ein Mann war aufgrund einer frühkindlichen Hirnschädigung minderbegabt. Deshalb waren seit 2018 seine beiden Geschwister für ihn vorsorgebevollmächtigt. Zwei Jahre später entschied er sich anders und erteilte eine General- und Vorsorgevollmacht zugunsten zweier außenstehender Frauen. Sein Bruder und seine Schwester regten daraufhin an, ihn gegen seinen Willen unter Betreuung zu stellen. Die Betreuungsbehörde sah dafür keinen Bedarf. Das Amtsgericht Wesel hörte den Betroffenen an und schloss sich der Behörde an. Auch vor dem Landgericht Duisburg hatten die Beschwerdeführer keinen Erfolg. Der Bruder erhob sodann Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof, weil er meinte, das Landgericht hätte einen Sachverständigen beauftragen müssen, um die fehlende Fähigkeit seines Bruders zur Willensbildung festzustellen. Er hatte aber auch hier keinen Erfolg.
Gutachten nur bei Bestellung notwendig
Der BGH bestätigte die landgerichtliche Entscheidung: Nach § 280 Abs. 1 Satz 1 FamFG sei nur dann ein Gutachten erforderlich, wenn das Gericht einen Betreuer bestellen will. Sehe es hingegen keinen Betreuungsbedarf, sei ein - für den Betroffenen stigmatisierendes - Gutachten nicht notwendig. Auch der Amtsermittlungsgrundsatz in § 26 FamFG verlangt dem XII. Zivilsenat zufolge nichts anderes, solange es keinen Anhaltspunkt für eine fehlende Fähigkeit der Willensbildung des Betroffenen nach § 1896 Abs. 1a BGB gibt. Soweit sein Bruder nur auf die Hirnschädigung hinweise, aber nicht konkretisiere, inwieweit er deshalb nicht in der Lage sein solle, seine Angelegenheiten selbst zu erledigen, ergebe sich aus seinem Vortrag kein Erfordernis weiterer Sachverhaltsermittlung. Im Übrigen: Selbst wenn der Betroffene tatsächlich derartig gehandicapt wäre, bestehe immer noch kein Betreuungsbedarf, weil er eine Vorsorgevollmacht erteilt habe.