Kläger gibt Matratze nach Entfernen der Schutzfolie zurück
Der Kläger bestellte im Jahr 2014 über die Internetseite der Beklagten, einer Onlinehändlerin, eine "Dormiente Natural Basic"-Matratze zum Preis von rund 1.095 Euro. Die Matratze war bei Auslieferung mit einer Schutzfolie versehen, die der Kläger nach Erhalt entfernte. Einige Tage später teilte er der Beklagten per E-Mail mit, dass er die Matratze leider zurücksenden müsse und der Rücktransport durch eine Spedition veranlasst werden solle. Als die Beklagte dieser Aufforderung nicht nachkam, beauftragte der Kläger selbst eine Speditionsfirma.
Vorinstanzen: Widerrufsrecht nicht aus hygienischen Gründen ausgeschlossen
Seine auf Rückzahlung des Kaufpreises und Erstattung der Rücksendekosten (insgesamt rund 1.190 Euro) gerichtete Klage hatte in beiden Tatsacheninstanzen Erfolg. Für den Kauf versiegelter Waren, die aus Gründen der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet sind, schließt § 312g Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB ein Widerrufsrecht aus, wenn die Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde. Die Vorinstanzen nahmen an, dass das Widerrufsrecht des Klägers bei dem Kauf der Matratze nicht deshalb ausgeschlossen sei, weil er die bei deren Anlieferung vorhandene Schutzfolie entfernt habe. Denn für einen Ausschluss des Widerrufsrechts nach § 312g Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB komme es entscheidend darauf an, ob hygienische Gründe einer Wiederveräußerung der Ware durch den Unternehmer entgegenstünden. Das sei bei einer Matratze nicht der Fall, da sie gereinigt und dann weiterverkauft werden könne. Die Beklagte ging anschließend in Revision.
BGH: Sind Matratzen Hygieneartikel?
Der BGH hat das Verfahren ausgesetzt und den EuGH im Vorabentscheidungsverfahren angerufen. Der EuGH solle klären, ob Art. 16 Buchst. e der Verbraucherrechterichtlinie 2011/83/EU, auf dem § 312 g Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB basiert, auch solche Waren (wie etwa Matratzen) erfasst, die zwar bei bestimmungsgemäßen Gebrauch mit dem menschlichen Körper in Kontakt kommen können, aber durch geeignete (Reinigungs-)Maßnahmen des Unternehmers – wenn auch möglicherweise mit Werteinbußen, die der Unternehmer kalkulieren kann – wenigstens wieder als gebrauchte Sachen verkehrsfähig gemacht werden können.
Unverbindlicher Leitfaden der Kommission nimmt Auflegematratze von Widerrufsrecht aus
Die Frage lasse sich nicht eindeutig beantworten, so der BGH. So werde in dem zwar nicht verbindlichen, aber unter Beteiligung der zuständigen Behörden der Mitgliedsstaaten sowie unter Mitwirkung von Wirtschaftsvertretern und Verbraucherverbänden erstellten Leitfaden der Generaldirektion Justiz der Europäischen Kommission (Stand: Juni 2013) als Beispiel für das Eingreifen des Ausnahmetatbestandes gemäß Art. 16 Buchst. e – neben Kosmetika – die Auflegematratze genannt.
Welche Anforderungen sind an "Versiegelung" zu stellen?
Für den Fall, dass der EuGH Matratzen als von der Regelung erfasst ansieht, soll er nach dem Willen des BGH ferner klären, wie eine Verpackung beschaffen sein müsse, um als "Versiegelung" zu gelten, und welchen Inhalt der nach den gesetzlichen Vorschriften (Art. 246a § 1 Abs. 3 Nr. 2, § 4 Abs. 1 EGBGB; Art. 6 Abs. 1 Buchst. k der Verbraucherrechterichtlinie) zu erteilende Hinweis über die Umstände des Erlöschens des Widerrufsrechts haben müsse.