Wegen Musk? BGH zieht sich von X zurück
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Der BGH schließt seinen X-Account. Dass das irgendetwas mit den jüngsten Entwicklungen auf der Plattform und der Einmischung ihres Eigentümers Elon Musk in den deutschen Wahlkampf zu tun haben könnte, will man in Karlsruhe aber nicht bestätigen.

Der X-Account des BGH, von dem das Gericht bislang in der Regel nur seine Pressemitteilungen absetzte, dürfte wohl noch nie so viel Aufmerksamkeit erfahren haben wie für seinen wohl letzten Post auf dieser Plattform: "Wir stellen diesen Kanal ein. Sie können uns über unseren Newsletter (...) oder Mastodon (...) folgen" heißt es knapp in der Mitteilung vom gestrigen Donnerstag. Während die vorigen Posts in der Regel einen bis fünf Kommentare ernteten und die höchste Like-Zahl bei 23 lag, ging dieser nach BGH-Maßstäben fast viral: Rund 2.000 Kommentare und 2.200 Likes erntete die Abschiedsmeldung bis zum Freitagnachmittag.

Die Reaktionen in den Kommentaren lesen sich jedoch nicht nur positiv: "Der Bundesgerichtshof ist also offiziell eine woke Institution" schrieb ein Nutzer, ein anderer bemerkte: "Ich hatte mal in der Schule gelernt, dass die Justiz politisch neutral sein muss." Auch viele andere rügten mutmaßlich fehlende Neutralität oder Parteilichkeit des Karlsruher Gerichts.

Die Reaktionen sind auch deshalb interessant, weil die Tatsachengrundlage für die dort geäußerte Kritik recht dünn ist. Denn Gründe gab der BGH für seine Entscheidung nicht an. So war es vermutlich vor allem der Zeitpunkt, zu dem sie erfolgte, der für aus Sicht vieler Nutzerinnen und Nutzer eine politische Motivation nahelegte. Denn es war der Tag, an dem Elon Musk auf X, das vor seiner Übernahme Twitter hieß, sich medienwirksam zum Gespräch mit der AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel traf, das über einen X-Space verbreitet wurde. Daraufhin kündigten u. a. auch die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) an, X zu verlassen. Die Gewerkschaften begründeten den Schritt mit "Demokratiefeindlichkeit und Desinformation" auf der Plattform und der Wertung, dass X ein Forum für die Verbreitung von rechtsextremistischen Positionen geworden sei.

"Mastodon hat sich etabliert"

Auch auf explizite Nachfrage von beck-aktuell, ob dem Rückzug des BGH eine ähnliche Erwägung zugrunde gelegen habe, antwortete die Karlsruher Pressestelle am Freitag lediglich: "Der Account beim Kurznachrichtendienst 'Mastodon' hat sich inzwischen etabliert und eine erhebliche Zahl von Followern erreicht, so dass es uns als ausreichend erscheint, unsere Pressemitteilungen über diesen zusätzlichen Kanal zu veröffentlichen (...). Die Möglichkeit, den Newsletter des Bundesgerichtshofs über unsere Homepage zu abonnieren, steht natürlich ebenfalls weiterhin offen (...)." Warum der BGH ohne erkennbare Not einen Social-Media-Account mit über 25.000 Followern schließt, der bislang ohnehin ohne erkennbaren zusätzlichen Aufwand betrieben wurde, bleibt offen. 

Ein anderer Nutzer warf in den Kommentaren unter dem Rückzugs-Post indes die Frage auf, ob öffentliche Institutionen bei der Auswahl der Medien, über die sie mit den Bürgerinnen und Bürgern kommunizieren, in irgendeiner Weise gebunden sind: "Es gibt eigentlich nur drei seriöse Alternativen: 1. Nutzung aller Social-Media-Plattformen 2. Keine Nutzung von Social-Media-Plattformen 3. Auswahl der Social-Media-Plattformen nach objektiven und transparenten Kriterien. Fällt die Einstellung hier unter 3.?" schrieb er. Jedenfalls die Antwort aus der BGH-Pressestelle sorgt auch diesbezüglich nicht für Aufklärung.

Redaktion beck-aktuell, Maximilian Amos, 10. Januar 2025.