Rechtsanwalt will rückwirkend Prozesskostenhilfe
Ein Anwalt, der gegen den Widerruf seiner Zulassung kämpfte, beantragte im Mai 2022 Prozesskostenhilfe (PKH) für die Berufungsinstanz per Fax. Er schrieb, die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sei beigefügt, was aber nicht zutraf. Vielmehr gelangten die Unterlagen erst knapp drei Monate später per Post zum Gericht. Die Angaben waren noch immer nicht vollständig, weil er das Einkommen seiner Ehefrau nicht eingetragen hatte. Außerdem war das Berufungsurteil schon knapp drei Wochen vorher an ihn zugestellt worden. Der Bundesgerichtshof lehnte nun eine rückwirkende Bewilligung der Prozesskostenhilfe ab.
Antrag war unvollständig
Der BGH bekräftigte, die Bewilligung von PKH sei zwar an sich rückwirkend möglich. Voraussetzung sei aber ein formgerechter und vollständiger Antrag nach § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO in Verbindung mit § 117 ZPO, der vor Abschluss der Instanz positiv hätte beschieden werden können. Ein bloßer Antrag ohne Anlagen genügt den Karlsruher Richtern zufolge nicht, weil er ohne Kenntnis der Einkommens- und Vermögenslage des Antragstellers nicht beschieden werden kann. Selbst nach dem Eingang der Unterlagen sei das nicht der Fall gewesen, da die Angaben zum Einkommen der Frau fehlten. So könne nicht geprüft werden, ob der Anwalt nach den §§ 1360a Abs. 4 Satz 1, 1361 Abs. 4 Satz 4 BGB einen Kostenvorschuss von ihr hätte verlangen können, um die Kosten des Rechtsstreits zu stemmen.
Grobe Verspätung
Der Antrag kam laut dem Anwaltssenat auch zu spät an - nämlich erst nach der Zustellung der Berufungsentscheidung. Er hätte so rechtzeitig eingehen müssen, dass er im ordentlichen Geschäftsgang noch vor Beendigung der Instanz hätte entschieden werden können. Daran ändere sich nichts, wenn der Anwalt ein eigenes Studium und damit verbundene Prüfungen als Verspätungsgrund geltend mache: So aufwändig sei das Ausfüllen des Vordrucks schließlich nicht. Die Frage, ob der Anwalt seinen Antrag nach § 130d ZPO als elektronisches Dokument über beA - das besondere Postfach der Rechtsanwälte - hätte einreichen müssen, hat der BGH nicht thematisiert.