Rücktritt vom Autokauf nach einem Nachbesserungsversuch

Wird eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt, muss diese innerhalb des gesetzten Zeitrahmens erfolgreich abgeschlossen werden. Ansonsten kann ein Käufer vom Vertrag zurücktreten, ohne einen zweiten Versuch der Nachbesserung anzubieten. Das hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 26.08.2020 entschieden.

Angebot als erste Leistungshandlung

Ein Autokäufer nahm die Händlerin wegen Mängeln der Fahrzeuglackierung auf Rückzahlung des Kaufpreises und Schadenersatz in Anspruch. Am 14.05.2018 monierte er Lackmängel im Bereich von Motorhaube, Dachsäulen und Heckklappe. Er setzte der Händlerin eine Nachbesserungsfrist bis zum 30.05.2018, die sie aber nicht einhielt. Die Verkäuferin schlug vor, einen ortsnahen Vertragshändler für die Besichtigung und Nachbesserung aufzusuchen. Davon machte der Halter Gebrauch und ließ die Politur vom 14. bis 21.08.2020 von der Vertragswerkstatt nachbessern. Einige Tage nach Abholung rügte er, dass die Mängel nicht vollständig beseitigt worden seien und die (teilweise) Neulackierung nicht fachgerecht ausgeführt worden sei. Er stellt das Fahrzeug erneut in dem Betrieb vor und vereinbarte einen Termin zur Nacharbeit. Diesen nahm er jedoch nicht mehr wahr. Stattdessen erklärte er am 24.09.2018 den Rücktritt vom Kaufvertrag. Das Landgericht Hanau wies die Klage ab. Daraufhin legte er Berufung ein. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main wies die Berufung zurück: Es fehle bereits an einer erfolglosen Nacherfüllung innerhalb einer angemessenen Frist nach § 323 Abs. 1 BGB und damit an einem wirksamen Rücktritt. Für eine Nacherfüllung sei ausreichend gewesen, dass "eine erste Leistungshandlung" durch das von der Händlerin unterbreitete Angebot kurz vor Ablauf der gesetzten Frist vorgenommen worden sei.

BGH: Zweite Nachbesserungschance nicht erforderlich

Die Revision hatte vor dem BGH Erfolg. Er verwies die Sache an das OLG Frankfurt a. M. zurück. Das Berufungsgericht sei fehlerhaft davon ausgegangen, der Halter sei nicht wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten, weil er der Händlerin nach § 323 Abs. 1 BGB keine zweite Gelegenheit zur Nachbesserung eingeräumt habe. Aus Sicht der Karlsruher Richter war die gesetzte Frist zur Nacherfüllung nach §§ 323 Abs. 1, 281 Abs. 1 BGB schon ohne Erfolg abgelaufen. Das OLG habe sich bereits im Ausgangspunkt den Blick dafür verstellt, dass eine zur Durchführung der Nacherfüllung vom Käufer gesetzte (angemessene) Frist nur dann gewahrt sei, wenn der Verkäufer den gerügten Mangel innerhalb der Frist behebe. Die Bundesrichter stimmten dem OLG darin zu, dass der Käufer sich nach der Vereinbarung der Nachbesserung aus Treu und Glauben nicht auf den Ablauf der ursprünglichen Frist hätte berufen können – diese habe sich entsprechend verlängert. Das Recht zur Nachbesserung sei aber mit dem erfolglosen Versuch den Wagen zu lackieren, abgegolten gewesen.

Dem BGH zufolge verbietet sich die vom OLG vorgenommene Auslegung des § 323 Abs. 1 BGB. Diese würde das vom Gesetzgeber als Regelfall ausgestaltete Fristerfordernis obsolet machen. Wenn der Käufer dem Verkäufer trotz Fristsetzung regelmäßig zweimal eine Nachbesserungsmöglichkeit einräumen müsste, sei nicht zu erkennen, warum der Käufer überhaupt noch eine Frist setzen und nicht stattdessen ein Fehlschlagen der Nachbesserung nach § 440 BGB geltend machen sollte. Zugleich wären dem Käufer die Vorteile einer Fristsetzung abgeschnitten. Er könne sich – entgegen dem Willen des Gesetzgebers – nicht mehr darauf verlassen, dass bei Ablauf einer von ihm gesetzten angemessenen Frist zur Nachbesserung ein Übergang zu den sekundären Gewährleistungsrechten möglich sei.

BGH, Urteil vom 26.08.2020 - VIII ZR 351/19

Redaktion beck-aktuell, 9. Oktober 2020.