Rücktritt vom unbeendeten Erpressungsversuch oder Fehlschlag?

Ein Tatplan ist nach einem ersten Misserfolg erst gescheitert, wenn der Täter glaubt, dass er sein Ziel nicht mehr erreichen wird. Kündigt er für den Fall der Nichterfüllung seiner Forderung Konsequenzen an, spricht das nach Ansicht des BGH nicht dafür, dass er den Versuch für fehlgeschlagen hält. 

Ein Mann schoss mehrfach auf einen anderen Mann und verletzte ihn schwer. Anschließend verlangte er von der Ehefrau des Verletzten 35.000 Euro bis Mitternacht. Wenn sie ihm das Geld nicht gebe, werde er 100.000 Euro verlangen und seine Freunde vorbeischicken – dann "dürfe sie auch nicht beleidigt sein". Die Frau fühlte sich zwar gehörig bedroht, zahlte aber trotzdem nicht. Vielmehr erstattete sie am nächsten Tag Strafanzeige. Einen weiteren Tag später wurde der Täter festgenommen. Das LG Bonn verurteilte ihn unter anderem wegen versuchter räuberischer Erpressung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und drei Monaten. Seine Revision zum BGH war teilweise erfolgreich – das LG wird nun erneut verhandeln müssen.

War noch ein Rücktritt vom Versuch möglich?

Es hatte ohne nähere Begründung angenommen, der Versuch der räuberischen Erpressung sei fehlgeschlagen. Der Angeklagte hätte dann nicht mehr vom Versuch nach § 24 StGB zurücktreten können. Dem tritt der 2. Strafsenat entgegen (Beschluss vom 26.09.2023 – 2 StR 206/23): Ein Versuch sei erst dann gescheitert, wenn der Täter annimmt, dass die Tat nach Misslingen des zunächst vorgestellten Ablaufs nicht mehr vollendet werden kann. Maßgeblich dafür sei der sogenannte Rücktrittshorizont, also das Vorstellungsbild des Täters nach Abschluss seiner letzten Ausführungshandlung.

Hier hatte der Mann angekündigt, nach fruchtlosem Ablauf des Ultimatums 100.000 Euro zu verlangen und seine Freunde vorbeizuschicken. Daher liegt es dem BGH zufolge – zumindest ohne Ermittlung des konkreten Vorstellungsbilds des Täters – eher fern, anzunehmen, dass er seinen Plan für gescheitert hielt. Auch die Strafanzeige ändere daran nichts, da nicht bekannt gewesen sei, ob der Angeklagte überhaupt davon wusste. In diesem Fall läge ein unbeendeter Versuch vor, von dem er ohne Weiteres hätte zurücktreten können, indem er auf eine weitere Ausführung der Tat verzichtete.

BGH, Beschluss vom 26.09.2023 - 2 StR 206/23

Redaktion beck-aktuell, rw, 9. Januar 2024.