Rücktritt und Schadensersatz statt Leistung nur nach Fristsetzung

Verlangt ein Gläubiger Schadensersatz statt der Leistung, ist er nur dann wirksam vom Vertrag zurückgetreten, wenn er dem Schuldner eine angemessene Nachfrist gesetzt hat und dieser nicht leistet. Anderenfalls bleiben die Parteien verpflichtet, ihren Vertrag zu erfüllen. Das hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 14.10.2020 entschieden.

Missglückter Kaufvertrag

Die Parteien waren sich über den Kauf eines Jahreswagens für rund 63.000 Euro einig. Der Käufer zahlte knapp 12.000 Euro an und wollte den Wagen zunächst zwei, dann drei Wochen später abholen und den Restkaufpreis begleichen. Als er den Abholungstermin ein weiteres Mal verschieben wollte, setzte ihm der Verkäufer eine Frist von drei Tagen. Werde der Handel bis zum 11.07.nicht abgewickelt, werde er das Auto anderweitig verkaufen. Zwei Tage nach Ablauf der Frist erklärte er den Rücktritt und behielt sich Schadensersatzansprüche vor.  Am 18.07. meldete sich der säumige Abholer und bekundete, er wolle den Kaufvertrag jetzt erfüllen. Dies verweigerte der Eigentümer und gab das Auto an einen anderen Käufer ab. Die Anzahlungssumme überwies er nach Abzug des geltend gemachten Schadensersatzes in Höhe von 4.727,50 Euro zurück. Der Käufer klagte erfolgreich vor Amts- und Landgericht Köln auf die Rückzahlung der gesamten Anzahlung. Der Verkäufer wehrte sich vor dem Bundesgerichtshof - ohne Erfolg.

Rücktritt des Verkäufers war unwirksam

Hat der Verkäufer die Abholfrist zu kurz bemessen, ist seine Rücktrittserklärung unwirksam, so der Bundesgerichtshof. Allein die Erklärung nach § 281 Abs. 4 BGB bewirke keine Umwandlung des Erfüllungsanspruchs in einen Schadensersatzanspruch. Vielmehr sei auch erforderlich, dass auch die Voraussetzungen nach § 281 Abs. 1 bis 3 BGB in Verbindung mit § 280 Abs. 1 BGB, nämlich die Nichtleistung des Schuldners trotz Bestimmung einer angemessenen Frist, erfüllt seien. Die Beurteilung, die Abholfrist sei zu kurz, habe das Landgericht Köln rechtsfehlerfrei und bindend getroffen. Ein Schadensersatzanspruch sei nicht entstanden.

Rücktritt des Käufers war wirksam

Der BGH sieht in der Klageerhebung eine schlüssige Rücktrittserklärung des Käufers. Mit dieser habe er deutlich gemacht, dass auch er nicht mehr an der Erfüllung des Vertrags festhalte, sondern die Rückabwicklung fordere. Sein Rückzahlungsanspruch ergebe sich also nicht aus den §§ 281 Abs. 5, 346 BGB, sondern aus §§ 323 Abs. 1 und 2, 346 Abs. 1 BGB. Nach der Erfüllungsverweigerung durch anderweitigen Verkauf des Wagens sei er zum Rücktritt berechtigt gewesen. Das Landgericht sei bei falscher Begründung doch zum richtigen Ergebnis gelangt.  

Schadensersatz statt der Leistung - Rücktrittserklärung

Der VIII. Zivilsenat stellt klar: Eine Rücktrittserklärung nach § 281 Abs. 4 BGB ist nur möglich, wenn die Voraussetzungen nach § 281 Abs. 1 bis 3 BGB, die Nichtleistung des Schuldners trotz Bestimmung einer angemessenen Frist, erfüllt sind. Die Erklärung allein bewirke nicht die Umwandlung des Vertragsverhältnisses in ein Abwicklungsverhältnis. In der ausführlichen Begründung heißt es unter anderem, dass der Gläubiger auch dann noch ein Interesse an der Vertragserfüllung haben könne, wenn die Voraussetzungen eines Schadenersatzanspruchs gegeben seien - zum Beispiel, wenn es keinen anderen Kaufinteressenten für den Wagen gebe. Dann solle der Autoverkäufer nach dem Willen des Gesetzgebers ein Wahlrecht zwischen Erfüllung oder Schadensersatz haben. Der Schuldner hingegen habe Klarheit: Die Pflicht zur Vertragserfüllung bestehe so lange - auch bei Nichterfüllung trotz angemessener Fristsetzung - bis der Gläubiger Schadensersatz verlange.

BGH, Urteil vom 14.10.2020 - VIII ZR 318/19

Redaktion beck-aktuell, 2. November 2020.