Rückforderungsdurchgriff nach Anfechtung eines finanzierten Autokaufs
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Wer zur Finanzierung eines Autokaufs ein sogenanntes verbundenes Darlehen aufnimmt, kann nach Anfechtung des Kaufs auch die bereits gezahlten Kreditraten vom Darlehensgeber zurückfordern. Der Bundesgerichtshof hat den Streit um die einschlägige Rückforderungsanspruchsgrundlage nunmehr geklärt: Die Anfechtung ist absolut und wirkt bei verbundenen Verträgen auch gegenüber dem Darlehensgeber, so dass über das Bereicherungsrecht rückabgewickelt wird.

Neuwagen gekauft, älteres Fahrzeug erhalten

Ein Mann kaufte 2013 von einer VW-Vertragshändlerin einen neuen VW Golf. Zur Finanzierung des über die geleistete Anzahlung hinaus schloss er mit einer Kreditgeberin einen sogenannten verbundenen Darlehensvertrag in Höhe von rund 28.000 Euro. Diese zahlte den Betrag direkt an die Autohändlerin aus und wurde Sicherungseigentümerin des Golfs. Zwei Jahre später erkannte der Käufer, dass der Golf gar kein Neuwagen gewesen war, sondern bereits 2011 hergestellt wurde. Er focht daraufhin den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung an und stoppte die Darlehenstilgung. Die Bank kündigte den Darlehensvertrag, verwertete das Auto und forderte von ihm den noch offenen Betrag in Höhe von rund 11.000 Euro. Der Getäuschte hingegen erhob die Widerklage auf Rückzahlung seiner bisher geleisteten Raten und den Erlös aus dem Fahrzeugverkauf. Das Landgericht Leipzig gab dem Autokäufer Recht. Die Vertragshändlerin legte als Streithelferin erfolglos Berufung zum Oberlandesgericht Dresden ein und verfolgte die Ansprüche der Bank auch vor dem Bundesgerichtshof weiter - ohne Erfolg.

Anspruchsgrundlage bei verbundenen Verträgen

Die Rechtsgrundlage für die Rückgewähr war bislang in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Der Bundesgerichtshof entschied: Der Käufer kann die Summe nach § 813 Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Fall BGB zurückverlangen. Zwar begründe § 813 Abs. 1 Satz 1 BGB dem Wortlaut nach nur ein Rückforderungsrecht ab dem Zeitpunkt, ab dem der Anspruch eine dauernde Einrede entgegenstanden habe - also an sich erst ab Zugang der Anfechtungserklärung. Das Rückforderungsrecht müsse aber nicht nur bei anfänglicher Nichtigkeit gelten, sondern auch in den Fällen der Anfechtung nach § 123 BGB. Die rückwirkende Vernichtung des Kaufvertrags nach § 142 Abs. 1 BGB sei absolut - sie gelte nicht nur im Verhältnis von Käufer und Verkäuferin, sondern über § 359 Abs. 1 Satz 1 BGB a. F. in verbundenen Verträgen auch gegenüber der Kreditgeberin.

Arglistige Täuschung durch Kaufabschluss über Neuwagen

Die Vertragshändlerin habe durch den Kaufvertrag konkludent erklärt, dass der Wagen fabrikneu und damit nicht mehr als zwölf Monate vor Vertragsschluss hergestellt worden sei. Der BGH hält die arglistige Täuschung auch dann für gegeben, wenn die Angaben der Streithelferin insoweit nur Angaben ins Blaue waren, obwohl sie anhand der Fahrzeugidentifizierungsnummer das korrekte Modelljahr hätte ermitteln können. Sie habe bedingt vorsätzlich gehandelt, indem sie sich allein auf das Lieferdatum des Wagens fünf Monate zuvor verlassen habe. Die Anfechtung des Autokäufers wirkt laut den Karlsruher Richtern nach § 142 Abs. 1 BGB auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zurück. Er habe damit einen Anspruch auf Rückgewähr der bezahlten Kreditraten. 

BGH, Urteil vom 15.06.2021 - XI ZR 568/19

Redaktion beck-aktuell, 16. Juli 2021.