Restschadensersatz für Neuwagenkäufer im Dieselskandal
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Dem Käufer eines Diesel-Neuwagens kann auch im Falle des Weiterverkaufs Restschadensersatz gegen den Hersteller zustehen. Dabei muss die unerlaubte Handlung laut Bundesgerichtshof jedoch unter anderem zu einem damit zusammenhängenden Vermögensvorteil des Ersatzpflichtigen führen. Dafür sei dann der Marktwert des Fahrzeugs im Zeitpunkt des Weiterverkaufs entscheidend.

Fahrer verkauft VW Passat

Ein Autokäufer verklagte die Herstellerin seines abgasmanipulierten Neuwagens, die Volkswagen AG, auf Restschadensersatz in Höhe von rund 6.900 Euro. Er hatte den VW Passat im März 2014 für knapp 28.400 Euro beim Händler gekauft - gut anderthalb Jahre vor Bekanntwerden der illegal eingebauten Abschalteinrichtung. Im Juli 2021 verkaufte er das Fahrzeug mit einer Laufleistung von 158.701 km für 6.500 Euro. Auf seine Schadensersatzklage erhob die Beklagte den Einwand der Verjährung.

OLG: Keine Bereicherung der Fahrzeugherstellerin

Der Käufer scheiterte sowohl beim LG Kassel als auch beim OLG Frankfurt am Main (Kassel). Es fehle an einer Bereicherung der Beklagten auf Kosten des Klägers nach § 852 BGB. Eine unmittelbare Vermögensverschiebung im Verhältnis der Parteien lasse sich nicht feststellen, da der Käufer das Fahrzeug nicht von der Herstellerin, sondern von einem Händler gekauft habe. Der Vermögensverlust des Geschädigten habe keinen Vermögenszuwachs der Beklagten zur Folge gehabt. Dagegen legte der Kläger die Revision beim BGH ein - mit Erfolg.

Vermögensvorteil von VW ist klärungsbedürftig

Der VIa. Zivilsenat verwies die Sache an das OLG zurück. Es habe das Tatbestandsmerkmal "auf Kosten des Verletzten ... erlangt" in § 852 Satz 1 BGB zu Unrecht verneint. Die unerlaubte Handlung müsse zu einem Vermögensnachteil des Geschädigten und zu einem Vermögensvorteil des Ersatzpflichtigen geführt haben, wobei sich die Vermögensverschiebung nicht unmittelbar zwischen dem Ersatzpflichtigen und dem Geschädigten vollzogen haben müsse. Vorliegend stehe lediglich ausdrücklich fest, dass kein Direktverkauf der Beklagten an den Kläger vorgelegten habe. Ob der Autokonzern aufgrund des Neuwagenkaufs des Klägers einen Kaufpreisanspruch gegen den Händler erlangt hat oder ob der Händler das verkaufte Fahrzeug schon vor der Bestellung des Klägers auf eigene Kosten und eigenes (Absatz-)Risiko erworben hatte, habe das OLG nicht festgestellt, bemängelte der Senat für "Diesel-Verfahren". Dies müsse es nachholen, da es bei einem Händlerankauf unabhängig von der Bestellung des Käufers an einem Zurechnungszusammenhang bezüglich § 826 BGB fehle. Sei dies nicht der Fall und lege der Kläger dann dar, die Beklagte habe tatsächlich aus dem Kaufvertrag mit dem Händler mehr erlangt als bisher behauptet, habe das OLG zu beachten, dass nach Weiterverkauf des Fahrzeugs an die Stelle des nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung herauszugebenden und zu übereignenden Fahrzeugs der Marktwert des Fahrzeugs im Zeitpunkt des Weiterverkaufs trete.

BGH, Urteil vom 19.09.2022 - VIa ZR 281/22

Redaktion beck-aktuell, 18. Oktober 2022.