Punktesystem in Vorauswahlliste der Insolvenzverwalter rechtswidrig

Es ist nicht einfach, eine Vorauswahlliste der Personen zu erstellen, die einem Richter die schnelle Auswahl des passenden Insolvenzverwalters ermöglicht. Das musste das Amtsgericht Charlottenburg erfahren, nachdem der Bundesgerichtshof nun entschieden hat, dass ein Ranking in Form eines Punktesystems rechtswidrig ist, wenn die Bemessungsgrundlage nicht auf vergleichbaren Sachverhalten beruht.

Zu wenige Punkte für erfahrenen Insolvenzverwalter

Die Insolvenzabteilung am Amtsgericht Charlottenburg in Berlin erstellten 2017 eine Liste mit Insolvenzverwaltern, mithilfe derer sie für hereinkommende Fälle schnell einen Verwalter auswählen konnte. Dafür versandte sie vorab an in Frage kommende Personen einen ausführlichen Fragebogen, in dem sie ihre Auswahlkriterien (Anzahl der abgerechneten Unternehmensinsolvenzen, Ausschüttungsquote etc.) abfragte. Der Antragsteller, ein Rechtsanwalt und Notar, der seit über zwanzig Jahren auch als Insolvenzverwalter tätig war, bewarb sich für diese Vorauswahlliste und sandte den ausgefüllten Fragebogen ein. Mit der Aufnahme in die Liste erhielt er auch die Nachricht, dass er in der Kategorie "mehr als 20 durchgeführte Unternehmensinsolvenzen" unterdurchschnittlich bewertet wurde, er erreichte nämlich nur 155,45 von durchschnittlich 193,73 Punkten. Der Notar beanstandete diese Bewertung und beantragte, fortan regelmäßig zum Insolvenzverwalter bestellt zu werden, hilfsweise, ihn so zu behandeln, als habe er ein überdurchschnittliches Ergebnis erreicht. Das Kammergericht hob den Bescheid auf und verpflichtete das Amtsgericht, den Bescheid unter Berücksichtigung der Auffassung des Kammergerichts neu zu fassen. Dagegen wandten sich beide Parteien mit der Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof.

Punktebewertung nur mit vergleichbaren Daten

Dem IX. Zivilsenat zufolge ist es zur Erfüllung der Aufgabe nach § 56 Abs. 1 Satz 1 InsO erlaubt, anhand von bestimmten Kriterien eine Vorauswahlliste von Insolvenzverwaltern zu erstellen, die eine schnelle und zuverlässige Auswahl eines persönlich und fachlich geeigneten Verwalters erlaubt. Das Ranking mit Punkten hingegen ist den Karlsruher Richtern zufolge rechtswidrig, weil nicht ersichtlich ist, dass die Daten der einzelnen Bewerber auf einer gesicherten Grundlage gewonnen und miteinander vergleichbar sind. Die Punkteanzahl hänge davon ab, zu welchem Zeitpunkt, in welcher Anzahl und in welcher Art von Unternehmensinsolvenzen der Bewerber in der Vergangenheit als Insolvenzverwalter bestellt worden sei. Dabei sei nicht sichergestellt, ob die bearbeiteten Fälle nach Art und Struktur repräsentativ oder miteinander vergleichbar sind. Weitere Mängel sahen die Karlsruher Richter darin, dass Fortbildungen nur aus dem Jahr 2015 berücksichtigt wurden. Entgegen dem Kammergericht hält es der BGH jedoch für rechtmäßig, erworbene Zertifikate zu berücksichtigen.

Punktebildung ist gerichtlich überprüfbar

Der BGH hob hervor, dass die Auswahlkriterien für die Vorauswahlliste nach den §§ 23 ff. EGGVG justiziabel sind, denn als Grundlage für die Bewertung der Bewerber stellen sie hoheitliche Maßnahmen dar, die gerichtlich überprüfbar sein müssen. Der Antrag, das Amtsgericht Charlottenburg zu verpflichten, ihn regelmäßig zum Verwalter zu bestellen, sei unzulässig, weil es keinem Bewerber zustehe, in einem bestimmten Umfang als Verwalter bestellt zu werden. Der Notar habe nur einen Anspruch auf die rechtmäßige Führung der Vorauswahlliste. Sein Antrag, ihn hilfsweise so zu behandeln, als habe er überdurchschnittliche hohe Punkte erreicht, interpretierte der BGH dahingehend, dass er eine Gleichbehandlung mit den Mitbewerbern fordere. So gedeutet, sei der Antrag entgegen der Ansicht des Kammergerichts zulässig aber unbegründet. Ein Bewerber habe in einem rechtlich unzulässigen Punktesystem keinen Anspruch auf eine pauschal bessere Bewertung.

Redaktion beck-aktuell, 3. Februar 2022.