Publikum unverschuldet ausgesperrt: Kein Verfahrensfehler!
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© Peter Kneffel / dpa

Es wirkt wie ein konstruierter Examensfall: Durch einen Hausalarm ist das Gerichtsgebäude 19 Minuten lang während einer laufenden Strafverhandlung verschlossen – eine Verletzung des Öffentlichkeitsgrundsatzes? Nein, so der BGH, der Vorsitzende habe von den geschlossenen Türen nichts gewusst.

In einer Hauptverhandlung vor dem Landgericht Berlin wurde gerade eine Kriminalbeamtin vernommen, als plötzlich der Hausalarm losging. Der Vorsitzende Richter fragte beim Gerichtswachtmeister nach, ob ein Sicherheitsrisiko für den Saal bestehe? – "Nein" erhielt er zur Antwort und verhandelte weiter. Nach neunzehn Minuten verstummte das Signal. Der Angeklagte, dessen Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet worden war, rügte beim BGH unter anderem die Verletzung des Öffentlichkeitsgrundsatzes, weil während des Alarms die Eingänge des Gerichtsgebäudes geschlossen wurden. Der Bundesgerichtshof verwarf die Revision.

Kein Verschulden des Vorsitzenden

Der absolute Revisionsgrund nach § 338 Nr. 6 StPO ist nur gegeben, wenn das Gericht für die Beschränkung verantwortlich ist, so der BGH. Die Karlsruher Richter verneinten hier ein Verschulden, weil dem Vorsitzenden nicht bekannt war, dass während des Alarms die Eingangstüren des Gebäudes verschlossen wurden. Da er auf diese Tatsache auch nicht hingewiesen worden sei und er das im Saal auch nicht habe bemerken müssen, habe er davon ausgehen dürfen, dass der Zugang zum Gerichtsgebäude und damit auch zum Sitzungssaal uneingeschränkt möglich gewesen sei. 

BGH, Beschluss vom 21.06.2023 - 5 StR 73/23

Redaktion beck-aktuell, 8. August 2023.