Prüfungsumfang bei Streit um Bauhandwerkersicherung

Für umstrittene Nachträge aus einem VOB-Bauvertrag kann die Stellung einer Bauhandwerkersicherheit verlangt werden. Ob dabei insbesondere wirksame Anordnungen des Auftraggebers vorliegen, die Grund für einen zusätzlichen Vergütungsanspruch geben, ist laut Bundesgerichtshof vom Gericht festzustellen. Dagegen sei die Höhe der Vergütung als Grundlage der geforderten Sicherheit vom Auftragnehmer lediglich schlüssig darzulegen.

Vertragsverhältnis gekündigt

Eine Bauunternehmerin verlangte von ihrem Auftraggeber sowie dessen Nachunternehmer die Stellung einer Sicherheit für erbrachte Bauleistungen bei einer Hotel-Erweiterung in Höhe von rund 122.000 Euro. Der Beklagte hatte sie im Juli 2017 mit Trockenbauarbeiten bei dem Bauvorhaben beauftragt. Vereinbart waren ein Werklohn von 376.500 Euro und die Geltung der Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/B). Im Januar 2018 kündigte zunächst der Besteller den Vertrag. Dem trat die Klägerin entgegen, kündigte ebenfalls und forderte eine Sicherheitsleistung von 115.000 Euro. Der Beklagte verweigerte die Abnahme. Der Ausbau ging ohne die Baufirma weiter. In der Schlussrechnung vom Juni 2018 forderte sie erfolglos 61.800 Euro für Nachtragsleistungen (durch Einzelanweisung auf der Baustelle verlangt, wie die Klägerin behauptete), 33.300 Euro für Stundenlohnarbeiten, 16.000 Euro für Logistik- und Transport sowie einen Aufschlag von 10% - sowie erneut Sicherheit für die Endsumme. Kurz zuvor war das beklagte Geschäft übernommen worden. Das LG München I gab der Klage durch Versäumnisurteil statt und verwarf den Einspruch der Beklagten als unzulässig. Auch das dortige OLG bejahte den Anspruch auf eine Bauhandwerkersicherheit, wenngleich es den Rechtsbehelf für zulässig erachtete. Die Bauunternehmerin habe sowohl den Abschluss des Bauvertrags mit dem ursprünglichen Auftraggeber im Juli 2017 wie auch die als notwendig bezeichneten Nachträge und ihre daraus resultierende Vergütung substanziiert dargelegt. Der Beklagte ging bis zum BGH - mit Erfolg.

Grundlage für Nachtragsansprüche ist vom Gericht festzustellen

Der VII. Zivilsenat verwies die Sache ans OLG zurück. Mit dessen Ausführungen könne kein Anspruch auf Stellung einer Sicherheit für die verlangte Vergütung von 61.800 Euro für Nachtragsleistungen nach Maßgabe der vereinbarten VOB/B bejaht werden. Zusätzliche Vergütungsansprüche nach § 2 Abs. 5 oder 6 VOB/B in Verbindung mit § 1 Abs. 3 oder Abs. 4 Satz 1 VOB/B können dabei nach Ansicht der Karlsruher Richter eine "auch in Zusatzaufträgen vereinbarte Vergütung" nach § 648a Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. (jetzt § 650f Abs. 1 Satz 1 BGB) darstellen und somit einen Anspruch auf Stellung einer Bauhandwerkersicherheit begründen. Streitig sei, wie sich ein grundsätzliches Bestreiten des Vergütungsanspruchs für "Nachträge" auswirkte. Der BGH folgte nicht der Auffassung des OLG, ein schlüssiger Vortrag von Grund und Höhe des Anspruchs genüge. Zwar sollen im Verfahren über die Stellung einer Sicherheit nicht alle Streitigkeiten bezüglich der Vergütung geklärt werden, aber so wie der Unternehmer im Zweifelsfall seine Beauftragung im Sinn von § 648a Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. beweisen müsse, so müsse er dies auch für die Voraussetzungen der zusätzlichen Vergütung nach VOB/B tun. Stehe andererseits fest, dass eine Zusatzvergütung anfällt, genüge eine schlüssige Darlegung der Höhe der Vergütung.

BGH, Urteil vom 20.10.2022 - VII ZR 154/21

Redaktion beck-aktuell, 9. Dezember 2022.