Prämiensparverträge: BGH stärkt Rechte von Sparkassenkunden

Der BGH hat zu Prämiensparverträgen entschieden, dass das ordentliche Kündigungsrecht von Sparkassen auch nach Erreichen der höchsten Prämienstufe ausgeschlossen sein könne, wenn die Vertragsurkunde eine längere Vertragslaufzeit bestimmt und die Parteien nicht übereinstimmend etwas anderes gewollt haben.

Im entschiedenen Fall ging es um zwei Verträge, bei denen die jährliche Prämie nach dem dritten Sparjahr bis zum Ablauf des 15. Sparjahres fortlaufend bis auf 50% der jeweils geleisteten Sparbeiträge anstieg. Die Verträge waren 1994 und 1996 auf unbestimmte Zeit geschlossen worden. Die Sparkassenkundin hatte sie nach dem Tod ihres Vaters zunächst auf ihre Mutter und nach deren Tod auf sich umschreiben lassen.

In den unterzeichneten Vertragsurkunden war eine Laufzeit von 1.188 Monaten (99 Jahre) bestimmt, die laut Sparkasse technisch bedingt gewesen ist. 2019 kündigte die Sparkasse die beiden Sparverträge – wegen der damals herrschenden Niedrigzinsphase. Die Kundin pochte auf den Fortbestand der Verträge und klagte. Anders als das AG hielt das LG die Kündigung für unwirksam. Die Sparkasse habe kein Recht zur Kündigung gehabt, weil eine Laufzeit von 99 Jahren vereinbart worden sei.

Kündigung kann auch nach Erreichen der höchsten Prämienstufe ausgeschlossen sein

Laut BGH (Urteil vom 14.11.2023 - XI ZR 88/23) war das in den AGB der Sparkasse vorgesehene Recht zur ordentlichen Kündigung zunächst nur bis zum Erreichen der höchsten Prämienstufe ausgeschlossen: Den durch die Prämienstaffelung gesetzten "besonderen Sparanreiz darf die Beklagte nicht enttäuschen, indem sie der Klägerin den Anspruch auf Gewährung der Sparprämien vor Erreichen der Höchststufe durch eine ordentliche Kündigung entzieht", schreibt der BGH.

Aber auch nach Erreichen der höchsten Stufe könne das Recht der Sparkasse zur ordentlichen Kündigung ausgeschlossen sein, wenn die Parteien eine darüberhinausgehende Vertragslaufzeit vereinbart hätten. Der Wortlaut der Verträge hier nach der Umschreibung ist laut BGH eindeutig: "Der rechtlich nicht gebildete Durchschnittskunde entnimmt dem ohne Weiteres die Bestimmung einer festen (Mindest-)Laufzeit." Außerdem sei die Klausel mit "Vertragsdauer" überschrieben und schließe an einen Passus an, wonach die Prämienstaffel "für die gesamte Laufzeit des Vertrags" fest vereinbart sei, was dieses Verständnis bestärke. Die Laufzeit von 99 Jahren sei auch nicht so ungewöhnlich, dass ein Sparer hätte annehmen müssen, die Sparkasse wolle nicht für einen so langen Zeitraum auf ihr Kündigungsrecht verzichten. Dass die lange Laufzeit auf technischen Gründen beruht haben soll, sei für einen durchschnittlichen Kunden nicht erkennbar.

Hätten die Parteien die AGB-Klausel aber abweichend von ihrem objektiven Sinn verstanden, wäre die ihr von ihnen beigemessene Bedeutung maßgeblich. Das hatte das AG aufgrund der Angaben der Kundin in ihrer informatorischen Anhörung angenommen und einen Rechtsbindungswillen bezüglich der Laufzeit von 99 Jahren verneint. Das Berufungsgericht sah das anders – allerdings ohne die Kundin erneut angehört zu haben. Der BGH rügt dies und hat den Fall daher zurückverwiesen.

BGH, Urteil vom 14.11.2023 - XI ZR 88/23

Redaktion beck-aktuell, hs, 2. Januar 2024.